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Der deutsche Fußball hat viele Helden hervorgebracht. Einer davon war Helmut Schön.

© dpa

100. Geburtstag des Fußballbundestrainers: „Hätte mir Helmut Schön als Maler gut vorstellen können“

Heute wäre Helmut Schön 100 Jahre alt geworden. Er war ein sensibler Geist – und der erfolgreichste deutsche Fußballnationaltrainer.

Als sich der deutsche Fußball bei der Europameisterschaft 1972 in seiner Hochphase befand, als auch das spielstarke sowjetische Team dieser noch viel spielstärkeren deutschen Mannschaft im Finale unterlegen war, da wollte deren Trainer die Trophäe zunächst gar nicht in die Hände nehmen. Helmut Schön musste von einem Offiziellen erst dazu überredet werden.

Sein Spitzname war „der Lange“. Groß wollte er aber nie sein. Auch nicht im Erfolg. „Du warst ein General mit Herz, ein Freund zugleich und Boss. Du wusstest Rat und manchen Trick und rittest nie das hohe Ross“, sang Udo Jürgens über Helmut Schön, der am 15. September 2015 hundert Jahre alt geworden wäre.

Der deutsche Fußball hat viele Helden hervorgebracht. Sepp Herberger, Fritz Walter, Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Lothar Matthäus oder aktuell Joachim Löw. Der Name Helmut Schön wird in dieser Aufzählung oft vergessen. Dabei ist der am 23. Februar 1996 im Alter von 80 Jahren verstorbene Helmut Schön der Mann im deutschen Fußball, der die meisten Erfolge als Nationaltrainer verantwortet hat: Vizeweltmeister 1966, Dritter bei der Weltmeisterschaft 1970, Europameister 1972, Weltmeister 1974 und Vizeeuropameister 1976.

Helmut Schön war "ein sehr feinfühliger Mensch"

Vielleicht wird der Name Schön häufig übersehen, eben weil er nie das hohe Ross ritt. Vielleicht aber auch deshalb, weil ihm nie ein großer Anteil an der Hochphase des deutschen Fußballs beigemessen wurde. Weil er eben das Glück hatte, dass die Beckenbauers, Netzers, Müllers oder Overaths alle in eine Generation fielen. Er musste sie doch bloß aufstellen.

„Das ist Quatsch“, sagt Sigfried Held dem Tagesspiegel. „Gute Spieler hatte man in Deutschland immer. Man muss ein gutes Händchen haben, ein gutes Arbeitsklima entwickeln. Und das hat Helmut Schön immer geschafft.“ Held spielte viele Jahre unter dem Bundestrainer Schön in der Nationalmannschaft. Er verdankt ihm seinen größten sportlichen Erfolg, den Gewinn der Europameisterschaft 1972. Aber Schön war es auch, der für einen der bittersten Momente in der Karriere des Sigfried Held sorgte, als er ihn 1974 nicht für die Weltmeisterschaft im eigenen Land nominierte. „Das war hart für mich. Und ich glaube, es war auch hart für Helmut Schön“, sagt Held. „Er war ein sehr feinfühliger Mensch.“

"Ich hätte ihn mir als Maler, als Künstler gut vorstellen können"

Helmut Schöns Feinfühligkeit war Stärke und Schwäche zugleich. Sie ermöglichte es ihm, die Schwingungen in der Mannschaft zu erkennen und die Harmonie zu wahren. Doch sie machte es ihm schwer, Entscheidungen zu treffen. „Es hat ihn krank gemacht, wenn er jemandem wehtun musste“, sagt Paul Breitner in der ARD-Dokumentation „Der Mann mit der Mütze“. Und dass er für das Geschäft nicht gemacht gewesen sei. „Ich hätte ihn mir als Maler, als Künstler gut vorstellen können.“

Je länger Schön im Geschäft war, desto mehr ging es ihm an die Nieren. 1974 schon betreute er nicht mehr die Fußballer, die er einst kennengelernt hatte. Die Professionalisierung im Fußball war schnell vorangeschritten. Aus den Beckenbauers und Netzers waren Stars, waren Marken geworden. Als 1974 im WM-Vorbereitungsquartier in Malente der Streit um Spielerprämien eskalierte, drohte Schön mit der Abreise. Er blieb dann doch – und wurde Weltmeister. Es war sein letzter großer Erfolg. Später wurde immer erzählt, nicht er, der Trainer, sondern der Spieler Beckenbauer hätte die Mannschaft bei der WM aufgestellt. Beckenbauer dementierte dies stets. Und Schön wehrte sich nie laut dagegen. Es war einfach nicht seine Art.

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