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Nichts mehr zu sagen. Geschäftsführer Ian Ayre (links) hatte seinen Rücktritt bereits vor dem Relegations-Rückspiel eingereicht. Auch Investor Hasan Ismaik könnte sich jetzt zurückziehen.

© Angelika Warmuth/dpa

Update

1860 München: Respektlos, planlos, führungslos

Bei 1860 München herrscht nach dem Abstieg in die Dritte Liga Chaos. Sollte sich Investor Ismaik zurückziehen, müsste Sechzig wohl Insolvenz anmelden.

Die Zerstörung begann bereits vor dem eigentlichen Spielende, aber die Randale auf dem Platz, die fliegenden Sitzschalen und Fahnenstangen, die pöbelndes Fans, die am Dienstagabend beinahe für einen Abbruch gesorgt hatten, waren nur der Prolog. Als feststand, dass der TSV 1860 die Relegation gegen Jahn Regensburg verloren hatte und aus der Zweiten Liga absteigen muss, führten die Verantwortlichen die Demontage fort. Sie setzen dabei zwar nicht die Gesundheit von Menschen aufs Spiel wie die unverantwortlichen Fans, aber dafür die Existenz des Münchner Traditionsvereins.

Das Team grübelte nach der 0:2-Niederlage noch über das gezeigte Elend, oder vielleicht kontaktierten die ersten Profis in der Kabine auch schon ihre Berater, um sie mit der Suche nach einem neuen Verein zu beauftragen. Nur sechs Spieler besitzen einen Vertrag, der auch für die Dritte Liga gültig ist, der Rest wird weiterziehen oder wie Sascha Mölders und Ivica Olic die Karriere vermutlich beenden. Während zunächst die Offiziellen keine Auskunft erteilen wollten, hat der Trainer auf der obligatorischen Pressekonferenz eine letzte Ansprache gehalten. Es war keine offizielle Abschiedsrede, aber die Worte Vitor Pereiras ließen keinen anderen Schluss zu, als den, dass der Portugiese den Verein verlässt, egal, ob freiwillig oder gezwungenermaßen. Er trage die Verantwortung, sagte er. „Das Projekt ist gescheitert.“

Spielergehälter sollen nicht überwiesen worden sein

Der Verein steht aber nicht nur ohne Mannschaft und Trainer da, sondern auch ohne Führung. Geschäftsführer Ian Ayre, der erst Anfang April seinen Job in München angetreten hatte, war schon gar nicht mehr im Stadion gewesen. Er hatte seinen Rücktritt bereits am Dienstagvormittag eingereicht – möglicherweise, weil Ayre sein Gehalt nicht erhalten hatte. Das berichtet die „Abendzeitung“. Demnach sollen auch die Spielergehälter nicht überwiesen worden sein. Das alles deutet auf eine schwierige Konstellation mit Investor Hasan Ismaik hin. Nicht alle in der Klubführung sollen die Entscheidungen und den Führungsstil des Jordaniers so kritiklos hingenommen haben wie der bisherige Präsident Peter Cassalette. „Leider hatte ich während meiner kurzen Acht-Wochen-Amtszeit einen Verein vorgefunden, in der die beiden Gesellschafter weder einheitliche Interessen haben, noch eine Vision für den Klub teilen“, sagte Ayre der englischen Zeitung „The Mirror“. Er beklagte fehlenden Respekt der beiden Parteien füreinander und ist sicher, dass Ismaiks Investment nur Früchte tragen würde, wenn man sich auf gemeinsame Ziele einigen könne.

Später am Dienstagabend trat auch noch Präsident Cassalette zurück. Er wolle einem Neuanfang nicht im Wege stehen, hieß es in der Presseerklärung des Vereins. Wo der stattfinden soll, ist aber noch nicht ganz klar. Am Mittwoch gab es bereits Spekulationen, wonach Investor Ismaik entgegen seines Treue-Schwurs zu Wochenbeginn nun doch aussteigen will. Im Falle des Klassenverbleibs hätte er bis Mittwoch 21 Millionen Euro bereitstellen müssen, um die Lizenz für die Zweite Liga zu sichern. Für die Dritte Liga ist der Betrag ähnlich hoch, aber er hat zwei Tage länger Zeit zum Nachdenken.

Wie der stattfinden wird, ist aber noch nicht ganz klar. Ein paar Stunden nach dem Abstieg hatte es bereits Spekulationen gegeben, wonach Investor Ismaik entgegen seines Treue-Schwurs zu Wochenbeginn, nun doch aussteigen will. Am Mittwochabend meldete er sich dann - wie üblich via Facebook - zu Wort und nichts deutete daraufhin, dass er die Lust am TSV 1860 verloren haben könnte. Unter anderem die Rücktritte von Ayre und Casselette hätten gezeigt, „dass in unserem Verein vieles im Argen liegt“, ließ er posten. „Das hat nichts mit meiner Person zu tun, sondern dieser Verein ist momentan geprägt von skrupellosen Machtkämpfen und internen Querelen, die es nun zu beseitigen gilt.“  Um die Lizenz für die Dritte Liga zu erhalten, muss Ismaik bis Freitagnachmittag einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag bereitstellen, ansonsten droht Sechzig die Insolvenz und möglicherweise der Abstieg in die Bayernliga. Zwar hat der Trikot-Sponsor, eine Münchner Versicherung, mitgeteilt, bei einem Neuanfang mithelfen zu wollen. Aber die finanziellen Zuwendungen wären vermutlich nicht genug, um die Kosten zu decken. Die Geldstrafe, die dem Verein wegen der Randale kurz vor Spielschluss nun droht, ist vielleicht noch das geringste Problem des TSV 1860 in diesen Chaos-Tagen.

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