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Sport: 2. Bundesliga: Im Zwiespalt der Gefühle

Oskar Kosche kennt die Leiden eines Torhüters. Aus eigener Erfahrung.

Von Karsten Doneck, dpa

Oskar Kosche kennt die Leiden eines Torhüters. Aus eigener Erfahrung. Allein in seiner Zeit beim 1. FC Union stand er in über 200 Pflichtspielen zwischen den Pfosten. Er galt als ausgesprochen reaktionsschnell. Doch gute Reflexe allein schützen einen Torhüter nicht vor Fehlern. Auch ihm flogen, wenngleich in sehr großen zeitlichen Abständen, schon mal solche Bälle ins Netz, von denen man im Fußballjargon gemeinhin behauptet, sie wären mit der Mütze zu fangen gewesen. Und so kann Kosche, der seit Anfang Juni als Manager beim Fußball-Zweitligisten SV Babelsberg 03 arbeitet, nachempfinden, wie es den Torhüter-Kollegen geht, die jetzt ihre Fäuste hinhalten, um den Gegner am Toreschießen zu hindern.

Da waren also am Sonnabend im Karl-Liebknecht-Stadion noch zwölf Minuten zu spielen. Der 1. FC Union, Kosches alter Klub, führte gegen den SV Babelsberg 03, Kosches neuen Klub, mit 2:1. Und weil Babelsberg den Rückstand unbedingt wettmachen wollte, aber nicht so genau wusste wie, erlaubte sich Abwehrspieler Björn Laars einfach mal einen Flachschuss. Nicht sonderlich scharf, nicht sonderlich platziert. Eine sichere Beute also für Sven Beuckert im Union-Tor? Keineswegs. Zum Entsetzen aller Mitspieler und der Gästefans ließ der 1,96 m lange Schlussmann den Ball passieren. 2:2 - der Ausgleich. Und für die Babelsberger das Zeichen, dass der Gegner auch mit einfachen Mitteln verwundbar war.

An der Seitenauslinie stehend, verfolgte Oskar Kosche Beuckerts Malheur. Es schien fast so, als wäre es ihm lieber gewesen, diese Szene gar nicht gesehen zu haben. Denn sofort befand er sich in einem Zwiespalt der Gefühle. Sicher, als Manager der Babelsberger freute er sich, dass die nie erlahmenden Bemühungen der Gastgeber belohnt worden waren. Aber da war noch etwas mehr. In seinem Inneren meldete sich neben dem Manager Kosche nämlich auch gleich noch der Torwart Kosche. Und Letzterer verriet nach dem Schlusspfiff seine Empfindungen: "Als ehemaliger Torwart kann man sich über so ein Tor eigentlich gar nicht so richtig freuen, da leidet man doch eher mit."

Zum Thema Fotostrecke I: Hertha Backstage Fotostrecke II: Die Bilder der Saison 01/02 Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Kosche fand dann aber auch noch ein paar mildernde Umstände für Sven Beuckert. "Der Boden war nass, der Ball ist ihm durchgerutscht. Das passiert eben", sagte der ehemalige Union-Torwart zum Fehlgriff des aktuellen Union-Torwarts. Auch Hermann Andreew, der Babelsberger Trainer, fand: "Unser zweites Tor haben wir mit ein bisschen Glück erzielt." Mit Glück - und Beuckerts Unterstützung. Sven Beuckert selbst, in der vorigen Saison noch einer der Hauptverantwortlichen beim brillanten Durchmarsch der Union-Elf im DFB-Pokal, wollte nichts beschönigen. Er nahm den Treffer klar auf seine Kappe. Ohne Wenn und Aber.

Die beiden weiteren Tore für Babelsberg, beide von Lars Kampf erzielt, hätte hingegen selbst ein Oliver Kahn schwerlich verhindern können. Natürlich freute sich Oskar Kosche diebisch über die drei Punkte, sorgte sich aber noch rund eine halbe Stunde nach dem Schlusspfiff auch darum, wie Beuckert seinen schwachen Moment denn verarbeiten wird. "Daran, wie er das jetzt wegsteckt, wird man sehen können, ob er ein großer Torwart ist oder nicht", sagte Kosche.

Der Babelsberger Manager hatte es danach sehr eilig. Er feierte am Sonnabend schließlich Geburtstag, seinen vierunddreißigsten. Den Babelsberger Spielern wollte er deshalb noch schnell einen ausgeben. "Wir trinken noch ein Glas Sekt. Mehr nicht, denn die Jungs sind jetzt müde", sagte er und verschwand.

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