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Petr Stochl verabschiedete sich am Sonntag von den Füchsen.

© Imago

28:23 gegen Hüttenberg: Petr Stochl feiert mit den Füchsen Berlin einen letzten Sieg

Das letzte Saisonspiel der Füchse gerät zur großen Abschiedsparty für die tschechische Torhüterlegende. Flensburg wird Meister.

Zumindest die Sache mit dem Trikot unterm Dach war schnell erledigt, sie bedurfte keines offiziellen Aktes. Im Lager der Füchse Berlin haben sie sich bereits vor einigen Jahren - sozusagen in weiser Voraussicht - dafür entschieden, einen Brauch aus dem US-Sport abzuwandeln und das Trikot mit der Nummer 71 nicht mehr zu vergeben. Dass Petr Stochl, der Träger des besagten Jerseys, zu diesem Zeitpunkt trotz fortgeschrittenen Sportleralters von knapp 40 Jahren noch keinen Gedanken ans Karriereende verschwendete - geschenkt. Den Entscheidungsträgern ging es vielmehr um die Geste als Ausdruck ihrer Wertschätzung. „Wir haben schon viele große Spieler verabschiedet, aber wirklich keiner erreicht die Größe von Petr“, sagt Manager Bob Hanning. 

Am Sonntag ist der Zehn-Jahres-Vertrag (!) nun ausgelaufen, den Stochl im Sommer 2008 unterzeichnet hatte. Das Bundesliga-Heimspiel der Füchse gegen den designierten Absteiger TV Hüttenberg geriet logischerweise zur großen Abschiedsparty für die tschechische Torhüterlegende, die insgesamt 527 Spiele für die Berliner bestritt. Obendrein entließen die Berliner vier weitere verdienstvolle Spieler aus ihren Arbeitsverhältnissen: Steffen Fäth geht zu den Rhein-Neckar Löwen, Drago Vukovic schließt sich dem VfL Gummersbach an, Oliver Milde wechselt zurück zum Zweitligisten Hamm und Ignacio Plaza hat noch keinen neuen Verein gefunden. So laut, euphorisch und ehrfürchtig wie nach Stochls Paraden wurde es allerdings bei keinem der anderen vier Abgänge, selbst wenn diese mit verbundenen Augen ein Tor erzielt hätten. Das Titelfoto des offiziellen Hallenheftes namens „Fuchsbau“ war ebenfalls dem Alterspräsidenten gewidmet. „Danke, Petr!“, stand da in großen Lettern. 

Velimir Petkovic ließ also noch fleißiger rotieren als sonst

In seinem letzten Bundesliga-Spiel durfte Stochl selbstverständlich von Beginn an zwischen die Pfosten - und der 42-Jährige zeigte auch gleich, dass er weiterhin zu den Besten seines Faches gehört. Mit seinen Paraden legte er den Grundstein dafür, dass die Berliner schnell ein kleines Polster herausspielen konnten (9:6/20. Minute). Obwohl es für beide Abordnungen faktisch um nichts mehr ging außer die sportliche Ehre - die Füchse standen vor dem letzten Saisonspiel als Tabellendritter fest, die Hüttenberger als sicherer Absteiger - sahen 9000 Zuschauer in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle eine recht muntere und unterhaltsame Begegnung. Allerdings ging der Partie die Physis ab, die Handball-Spiele auf Bundesliga-Niveau normalerweise auszeichnet. Vor der lang ersehnten Sommerpause wollte niemand mehr ernsthafte Verletzungen riskieren; Füchse-Coach Velimir Petkovic ließ also noch fleißiger rotieren als sonst.

Nach dem Seitenwechsel (15:12) gerieten die Berliner nie mehr ernsthaft in Gefahr. Obwohl sich die Hüttenberger nach Kräften wehrten, konnten sie den Rückstand nie auf weniger als vier Treffer verkürzen. Das lag nicht zuletzt an Leihgabe Oliver Milde, der sein wohl bestes Bundesliga-Spiel im Berliner Trikot machte und nach 60 Minuten sogar bester Fuchse-Werfer war (sechs Treffer). 

Am Ende stand ein souveräner 28:23-Heimsieg, aber der war eher zweitrangig - weil die Berliner am Rande ihres letzten Saisonspiels so viele richtungsweisende Entscheidungen bekannt gaben, dass man im Eifer des Gefechts leicht den Überblick verlieren konnte. Neben den fünf Abgängen machten sie unter anderem die Vertragsverlängerung mit ihrem Hauptsponsor öffentlich. Dass Kreisläufer-Leihgabe Johan Koch nach tollen Auftritten mindestens ein weiteres Jahr in Berlin bleiben darf, hatte sich bereits abgezeichnet und ist nun endgültig Gewissheit. Darüber hinaus verlängerten die Berliner die Verträge mit zwei Leistungsträgern und Identifikationsfiguren: die Nationalspieler Paul Drux, 23, und Fabian Wiede, 24, bleiben demnach mindestens bis 2023 bei den Füchsen und halten damit dem Verein die Treue, der sie groß gemacht hat. 

So gesehen war der letzte Bundesliga-Spieltag der Saison 2017/18 auch ein Tag des Übergangs in eine neue Ära: Wenn Petr Stochl bis Sonntag das Gesicht der Füchse war, sind es nun die deutschen Nationalspieler Fabian Wiede und Paul Drux - und natürlich Silvio Heinevetter, der gegen Hüttenberg einen extrem ruhigen Nachmittag auf der Ersatzbank verlebte und Stochl nach fast jeder Parade mit einem isotonischen Drink zuprostete. Es sollte nicht das letzte Kaltgetränk an diesem Abend bleiben: Nach der Schlusssirene gab es hunderte Liter Freibier vor der Max-Schmeling-Halle. Mittendrin ein Mann aus einem Land, das für seine Braukunst bekannt ist: der Tscheche Petr Stochl. 

Flensburg-Handewitt zum zweiten Mal deutscher Handball-Meister

Die Handball-Männer der SG Flensburg-Handewitt sind zum zweiten Mal deutscher Meister. Das Team von Trainer Maik Machulla sicherte sich am Sonntag durch ein allerdings mühevolles 22:21 (12:12) gegen Frisch Auf Göppingen den zweiten Titel nach 2004. In der Abschlusstabelle verwiesen die Norddeutschen nach 34 Spieltagen Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen mit einem Punkt Vorsprung auf Platz zwei

Den Mannheimern, die zuletzt zweimal die Meisterschaft gewonnen hatten, reichte auch das 28:25 (13:12) gegen den SC DHfK Leipzig nicht mehr, um doch noch den Titel-Hattrick und das erste Double perfekt machen zu können.

Rund 730 Kilometer weiter nördlich von Mannheim war nach der Schlusssirene in der Flens-Arena kein Halten mehr. Die Flensburger Spieler sprangen und tanzten herum, brüllten und weinten vor Freude und Erleichterung. Vergessen war, dass sie sich trotz der Anfeuerung der 6300 Zuschauern in und der unzähligen Fans beim Public Hearing vor der Halle bis in die Schlussphase gegen die nur mit sieben Feldspielern und zwei Torhütern angereisten Göppinger bis in die Schlussphase schwer getan hatten. Erst beim 22:20 zwei Minuten vor dem Ende standen endgültig die Zeichen auf eine große Flensburger Meisterschaftsause

Noch einmal durften Torwart Mattias Andersson und der dänische Spielmacher Thomas Mogensen im Flensburger Trikot ran, wussten aber nicht immer wie in der Vergangenheit zu überzeugen. Der 40 Jahre alte Schwede Andersson beendete mit der Meisterschaft seine Karriere, Mogensen kehrt nach elf Jahren in seine Heimat zurück. Kentin Mahé, Kevin Möller, Jacob Heinl und Hendrik Toft Hansen verabschiedeten sich ebenfalls mit dem Titelgewinn aus Flensburg.

Auch für Trainer Machulla war die Meisterschaft ein persönlicher Triumph. Gleich im ersten Jahr nach der Amtsübernahme von Ljubomir Vranjes legte die SG unter der Leitung des 41-Jährigen den Ruf als Ewiger Zweite ab. Nach 2004 waren die Norddeutschen siebenmal Vizemeister geworden.

Die Flensburger verdienten sich den Titel, weil sie vor allem in der Schlussphase konstanter waren als die Rivalen aus Mannheim. Von den letzten fünf Spielen hatten die Rhein-Neckar Löwen nur zwei gewonnen. Damit verspielten sie ihre lange Zeit sichere Tabellenführung und alle Chancen auf den Titel-Hattrick. (dpa)

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