zum Hauptinhalt
Ivica Olic erzielt den Führungstreffer für den FC Bayern.

© AFP

Update

3:0-Sieg in Lyon: Olic schießt Bayern ins Finale der Champions League

Die Bayern siegen 3:0 in Lyon, Olic schießt alle Tore. Van Gaal sagt: "Wir können noch alles verlieren." Und das Team sorgt sich um Timoschtschuk und dessen schwangere Frau.

Es gilt einmal nicht Arjen Robben zu feiern, nicht Franck Ribéry oder die herausragende Leistung eines anderen einzelnen Spielers, es gilt eine Gesamtleistung zu würdigen. Die des FC Bayern München, der mit einer erneut brillanten Vorstellung auch im Rückspiel des Halbfinales der Champions League Olympique Lyon beherrschte, 3:0 gewann und nun zum ersten Mal nach 2001 wieder das Finale der obersten europäischen Fußballklasse bestreitet. Dort wartet dann Inter Mailand, vor dem sich die Bayern nach eigenem Bekunden ein wenig weniger fürchten, oder doch noch der FC Barcelona, vor dem der FC Bayern dieser Tage, nach Beobachters Bekunden auch nicht wirklich Bange sein muss. Und so fand das kleine Fußballdrama des Hinspiels ein rauschhaft glückliches und folgerichtiges Ende unter dem fast vollen Mond von Lyon.

Dabei war es ja nicht gerade der Idealzustand gewesen, mit dem die Bayern nach Frankreich gereist waren. Franck Ribéry und Danijel Pranjic erst gar nicht, weil gesperrt, Martin Demichelis und Daniel van Buyten auf wackeligen Beinen mit ihren Prellungen und Zerrungen in den Waden und Schienbeinen, Diego Contento angeschlagen, Klose verschnupft mit leichtem grippalen Infekt. Es war zum Anpfiff dann doch nicht zur kollektiven Unpässlichkeit gekommen, van Buyten war aufgelaufen, Contento auch, und Klose und Demichelis saßen zumindest auf der Bank. Und vor allem war der zuletzt gesperrte Mark van Bommel wieder dabei, und an dem plus seinem Mittelfeldpartner Bastian Schweinsteiger sollte sich Olympique erst einmal abarbeiten, auf dass es schon an der Mittellinie eine erste große Hürde zu überwinden hatte. Zudem sollte Hamit Altintop Ribéry so gut ersetzen, wie er es eben kann.

Und das funktionierte alles so gut, dass Ivica Olic schon in der zweiten Minute von rechts auf Thomas Müller flankte, der allein vor dem Torwart schon zur Vorentscheidung hätte treffen müssen. Was misslang. Also nächster Versuch in der neunten Minute, gleiche Hauptdarsteller, gleiches Ergebnis. Bayern machte in dieser ersten Viertelstunde ziemlich exakt da weiter, wo sie am vergangenen Mittwoch aufgehört hatten. Aber schon da war klar, dass Lyon nicht gewillt war, sich noch einmal so vorführen zu lassen, wie im Hinspiel, als die Bayern die Franzosen von ein paar Schreckminütchen nach Ribérys Platzverweis abgesehen, nach Belieben beherrschten. Aber was nützt ein Wille, wenn man keinen Arjen Robben hat? Nicht viel. Also Sprung in die 26.Minute: Robben, einmal nicht auf seiner rechten Seite, sondern in der Mitte. Er passt kongenial zu Ribéry steil auf Müller, Müller spielt weiter auf Olic, der dreht sich um die eigene Achse und schießt zum 1:0 ein.

Olic sorgt früh für klare Verhältnisse

Trainer Louis van Gaals Vorgabe, bei einem Bayern-Tor müssten die Franzosen schon drei schießen, war erfüllt. Fortan war Ruhe in Lyon. Bei dem Gros der 43.000 Zuschauer (minus der etwa 3000 mitgereisten Münchner Fans) und bei Olympique auch. Bayern bestimmte, Bayern beherrschte. Woran auch zur Pause der wahrscheinlich der Schonung geschuldete Austausch van Buytens gegen Demichelis nichts änderte.

Lyons Wille war gebrochen. Am Tor und der Unwahrscheinlichkeit, an diesem Abend noch zu einem glücklichen Abend zu kommen. Und an Schweinsteiger und van Bommel, die das Mittelfeld sehr humorlos zu ihrem Territorium erklärten und es als solches behaupteten. Aber soll man jemanden herausheben aus dieser Bayern-Mannschaft? Man kann Abstriche machen. Bei Hans-Jörg Butt, aber auch nur, weil er kaum einmal die Gelegenheit bekam, seine ebenbürtige Qualität zu demonstrieren, was gewiss nicht seine Schuld ist. Lyon hatte einfach nichts dagegen zu setzen, nur Frust, der Cris nach Foul und Widerspruch in der 59.Minute die Gelb-Rote Karte brachte. Und der Frust wurde noch größer, als Olic in der 67. Minute nach feinem Pass von Altintop seinem zweiten Treffer erzielte. Und noch größer nach seinem dritten Tor zehn Minuten später. Aber da war der FC Bayern München nicht nur gefühlt, nicht nur theoretisch, sondern sehr praktisch und sehr, sehr berechtigt längst im Finale.

Die Reaktionen der Bayern: Nüchtern bis euphorisch

„Ich sage heute: Diese Mannschaft verdient es auch, die Champions League zu gewinnen“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge in der Nacht nach dem 3:0 (1:0)-Erfolg bei Olympique Lyon in seiner Rede beim Bankett mit Mannschaft, Sponsoren und Edelfans.

Die drei Tore des herausragenden Angreifers Ivica Olic (26./67./78. Minute) und „Fußball fast in Vollendung“ (Präsident Uli Hoeneß) lösten beim deutschen Rekordmeister eine überschwängliche Euphorie aus. Drei Titel winken, die deutsche Meisterschaft, der DFB-Pokal und die Champions League. „Diese Saison kann historisch werden“, schwärmte Rummenigge vor den noch ausstehenden vier Partien. Vom „schönsten Tag in meinem Leben“, schwärmte Matchwinner Olic.

Trainer Louis van Gaal, der ausgerechnet am ersten Jahrestag der Entlassung von Jürgen Klinsmann das vorläufige taktische Meisterstück in seiner erst zehnmonatigen Amtszeit ablieferte, warnte jedoch vor verfrühten Jubelarien und Feiern: „Wir haben noch nichts gewonnen. Wir können noch alles verlieren“, sagte der 58 Jahre alte Holländer.

Schon am kommenden Samstag geht es für den Tabellenführer in der Bundesliga im Titel-Zweikampf mit dem punktgleichen Rivalen Schalke 04 in die vorletzte Runde. Die Bayern empfangen den VfL Bochum. „Da wird die Allianz Arena wieder brennen“, sagte Nationalspieler Philipp Lahm. „So ein Sieg gibt einen Energieschub“, glaubt Sportdirektor Christian Nerlinger an ein Münchner Happy-End.

Die Bayern hoffen, dass in ihrem ersten Champions-League-Endspiel seit ihrem Titelgewinn 2001 gegen den FC Barcelona oder Inter Mailand auch Franck Ribéry wieder mitwirken darf. Die Europäische Fußball- Union will am (heutigen) Mittwoch über das Strafmaß für den französischen Nationalspieler entscheiden, der beim 1:0-Hinspielsieg gegen Lyon wegen groben Foulspiels die Rote Karte gesehen hatte. „Es ist schon öfter passiert, dass ein Spieler nach einer Roten Karte nur für ein Spiel gesperrt worden ist“, sagte Nerlinger.

Sorgen um Timoschtschuk

In den Jubel der Spieler und Verantwortlichen mischten sich am Dienstagabend auch sorgenvolle Gedanken um Anatoli Timoschtschuk. Der 31 Jahre alte Mittelfeldspieler aus der Ukraine fehlte in Lyon offiziell wegen einer Magen-Darm-Erkrankung. Der wahre Grund war aber viel schlimmer, wie Vereinspräsident Hoeneß nach dem Spiel verriet.

„Jetzt kann ich es ja erzählen“, sagte Hoeneß im Pay-TV-Sender Sky. Die Mannschaft habe auch für Timoschtschuk gespielt, der mit seiner schwangeren Frau Nadija in einem Münchner Krankenhaus sei. Die ungeborenen Zwillinge des Paares seien „gefährdet“, berichtete Hoeneß: „Die Fruchtblase ist im sechsten Monat geplatzt - es ist eine dramatische Geschichte. Das haben wir natürlich nicht bekannt gegeben." (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false