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Früher verboten, heute verschimmelt: die London.Trikots vom FCH.

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30 Jahre nach dem Gerichtsurteil: Kondome auf der Brust

Auch heute hat der DFB noch ein moralisches Auge auf die Trikotwerbung. In den Achtzigern kam es beim FC Homburg zu einem handfesten Skandal.

Fußballfans und Liebhaber stießen Ende der Achtziger einmal auf den gleichen Schriftzug: „LONDON“. Der Kondomhersteller London Rubber Company hatte sich die Trikotbrust des damaligen Bundesligisten FC Homburg gesichert. Doch ziemlich bald führte der Werbedeal des Klubs zu einem kuriosen Streit.

Der Liga-Ausschuss des Deutschen Fußball-Bundes wollte den Schriftzug verbieten lassen und schickte die Mannschaft gleich zurück in die Kabine. Er drohte mit Punktabzug und belegte den Verein mit einer Geldstrafe von 100 000 Mark. Zwar hielt das vom DFB vorgebrachte Argument, Kondom-Werbung verstoße gegen „die im Sport gültigen Grundsätze von Ethik und Moral“, vor Gericht nicht stand, doch als Homburgs Präsident Manfred Ommer nach der Entscheidung übermütig spottete, die Ligafunktionäre seien zu verklemmt und wohl zu alt, um mit dem Produkt etwas anfangen zu können, schlug der DFB zurück und ließ die Werbung schwärzen. „Damals war das ein Skandal, heute wirkt das lächerlich“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Sascha Raithel, der die Beziehung von Trikotwerbung im Profifußball und Reputation der Klubs erforscht, einmal zum Tagesspiegel.

Nach einem Jahr der Rechtsstreitigkeiten befand das Landgericht Frankfurt am 7. Februar 1989, dass die Kondomwerbung auf den Trikots weder gegen Sitte noch Moral verstoße. Die Spieler des FC Homburg konnten wieder mit dem Logo auflaufen. 30 Jahre später erinnern sich die Homburger nun mit gemischten Gefühlen an die Trikots zurück. „Es gehört zu unserer Geschichte dazu“, sagte der heutige FCH-Geschäftsführer Rafael Kowollik der Deutschen Presse-Agentur. Aber viele Fußballfans, glaubt Kowollik, erinnern sich im Zusammenhang mit dem FC Homburg vor allem an die Trikots. Der derzeitige Regionalligist werde darauf „schon sehr beschränkt“.

„Wir waren unserer Zeit voraus“, sagte der damalige Präsident

Der damalige Spieler Roman Geschlecht glaubt, dass der Skandal heute in Zeiten der sozialen Netzwerke größer wäre. Für die Spieler sei es seinerzeit „keine große Geschichte“ gewesen, sagt der 57-Jährige. Witzige Anmerkungen auf dem Platz habe es nicht gegeben. Öffentlich gestritten hatten sich damals vor allem Klubpräsident Manfred Ommer mit DFB-Funktionären wie den mächtigen Gerhard Mayer-Vorfelder, denen die Trikotwerbung übel aufstieß.

Jahre später erinnerte sich der ehemalige Weltklasse-Sprinter Ommer, wie paradox ihm die Diskussion erschien: „Schiri Walter Eschweiler bat mich sogar mal vor einem Spiel, die Trikots nicht anzuziehen, sonst dürfe er nicht anpfeifen“, wurde er im Oktober 2016 in der „Bild“-Zeitung zitiert. „Dabei waren wir unserer Zeit, als plötzlich alle über Aids sprachen, voraus. Von jeder Liftfass-Säule grüßte Gesundheitsministerin Rita Süssmuth mit Werbung für Kondome - ein Wahnsinn, dass wir es nicht duften.“

Porno-Darstellerin nein, Sauna-Club ja

Jede Zeit hatte ihre Trikot-Skandale. 2017 warb der saarländische A-Ligist SV Oberwürzbach auf seinen Trikots für die Webseite einer Porno-Darstellerin. Der saarländische Fußballverband verbot es. Die Statuten des DFB, der DFL und auch die von regionalen Verbänden untersagen weiterhin Werbung auf Trikots, die gegen „Ethik und Moral“ verstoße. Doch was Ethik und Moral ist, das sieht natürlich jeder anders.

Ebenfalls 2017 machte RW Frankfurt in der Hessenliga Werbung für einen Sauna-Club. Mario Basler wurde als Trainer zu dem Verein geholt und hatte gleich eine Meinung dazu: „Was soll das Gemecker? Der Verein braucht Geld. Sollen halt die anderen helfen und Geld geben, dann braucht Rot-Weiß keinen Saunaclub.“ Auch der Hessische Fußballverband (HFV) hatte nach einer Überprüfung nichts zu beanstanden.

Die „London“-Trikots der Homburger wurden laut Geschäftsführer Kowollig später „eingemottet“. Anfang der 2000er-Jahre fand man sie wieder, „teilweise faulig und verschimmelt“. Kowollik: „Es gibt kaum noch gut erhaltene Exemplare.“ (dpa)

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