zum Hauptinhalt
Die Blauen kommen. Im Halbfinale trifft Frankreich am Donnerstag auf Deutschland.

© AFP

5:2 im EM-Viertelfinale gegen Island: Frankreich ist Deutschlands Gegner im Halbfinale

Respekt ja, Angst keine. Frankreich beendet mit einem nie gefährdeten 5:2 das isländische Fußballmärchen bei dieser EM. Nun wartet Deutschland auf den Gastgeber.

Das Wetter war isländisch, aber der deutsche Halbfinalgegner bei der Europameisterschaft heißt wie erwartet Frankreich. Ganz und gar nicht zu erwarten aber war, mit welcher Wucht und Brillanz die Franzosen die Überraschungsmannschaft dieser Europameisterschaft im Dauerregen von Saint-Denis aus dem Stade de France schossen. 5:2 (4:0) siegten die Franzosen und ließen dabei sehr viel weniger Kraft als die Deutschen am Samstag im Drama von Bordeaux gegen Italien. Wenn Frankreich am Donnerstag in Marseille so aufspielt wie am Sonntag in der ersten Halbzeit, kann sich der Weltmeister auf einiges gefasst machen.

Die zweite Hälfte nutzten Franzosen zur aktiven Regeneration. Das war auch eine nette Geste gegenüber den lieben Gästen aus Island, denn eine totale Demontage hatte der EM-Debütant nach seinen großartigen Auftritten in Frankreich nicht verdient. Die Franzosen offenbarten dabei auch ein paar Abwehrschwächen, die Joachim Löw sehr wohl registriert haben dürfte.

Zuerst aber steht die Machtdemonstration von Saint-Denis für ein Selbstvertrauen, wie es den Franzosen nach der bescheidenen Vorrunde kaum einer zugetraut hätte. Von der ersten Minute an ließen die Messieurs Payet, Griezmann und Pogba keinen Zweifel daran, dass die isländische Tour de France im Viertelfinale zu Ende gehen würde. Dimitri Payet versuchte es einmal aus der Distanz, aber diesmal bekam Hannes Halldorsson den regennassen Ball noch unter Kontrolle. Und dann passierte etwas, was den Isländern selten passiert, weil es in ihrer fußballkulturellen DNS nicht vorgesehen ist. Sie fingen sich eine Art Kontertor ein.

Für ihre Verhältnisse hatten die Isländer ihre 4-4-2-Formationen relativ weit nach vorn geschoben. Blaise Matuidi erkannte das und spielte von der Mittellinie lang und hoch über gleich drei Isländer hinweg in den Lauf von Olivier Giroud. Der Mittelstürmer ließ den Ball einmal auftippen und schoss dann sofort und mit links aus spitzem Winkel. Halldarsson bekam die Beine nicht mehr zusammen und Frankreich lag früh vorn.

Island rannte und grätschte, aber Frankreich war nicht England

Was die Dramaturgie betrifft, unterschied sich dieser Fehlstart gar nicht so sehr vom Achtelfinale, da hatten die Isländer gegen England sogar noch früher zurückgelegen. England hatte es versäumt, nachzusetzen und ein zweites Tor nachzulegen. Diesen Fehler machten die Franzosen nicht. Nach Antoine Griezmanns Eckball kam aus dem Rückraum Paul Pogba herangeflogen. In ihm steckte so viel Energie, dass der Kaiserslauterer Jon Dadi Bödvarsson zur Seite prallte, während Pogba den Ball mit der Stirn ins Netz stieß, hoch in die linke Ecke über den auf der Linie stehenden Birkir Sävarsson, Torhüter Halldarsson schlug mit der Faust wütend gegen den Pfosten.

Damit war das Spiel nach nicht einmal zwanzig Minuten schon entschieden. Unten jubelte und schrie sich der zuvor oft und hart kritisierte Pogba den ganzen Ärger der vergangenen Wochen aus der Seele, oben im Betonoval wurde die Marseillaise angestimmt. Das fügte sich schön in den akustischen Rahmen, in das Duell der Fangruppen, in Frankreichs traditionelles „Allez les bleus“ gegen Islands jetzt schon legendäres „Uh!“ Die isländischen Schreihälse hielten das Duell trotz dramatischer Unterbesetzung sehr viel offener, als es ihren Spielern gelang.

Die kämpften mit aller Leidenschaft, denn eine vorzeitige Aufgabe ist in ihrer Mentalität auch nicht vorgesehen. Sie taten, was in ihrer Macht stand, aber das war an diesem Sonntag nicht besonders viel. Island rannte und grätschte, aber Frankreich gebietet eben über eine sehr viel stärker gefestigte Mannschaft als England. Und was können diese Burschen Fußball spielen! Payet tänzelte elegant durch den Regen, huschte wie ein Windhund über den Platz, und die beiden gaben Island schließlich schon in der ersten Halbzeit den Rest. Den Anfang machte Payet mit einem flach in die rechte Ecke gezirkelten Distanzschuss. Das nächste Tor nahm bei Pogba seinem Anfang. Seinen von der Mittellinie gestreichelten Pass ließ Giroud einfach durchlaufen, auf Griezmann, der gleich vier Isländern davonlief. Aus vollem Lauf mit höchster Eleganz chippte er den Ball im hohen Bogen über Halldorsson.

Die isländischen Fans wurden kein bisschen leiser und sangen auch in der zweiten Halbzeit stolz ihre Stadionhymne „Ég er kominn heim“. Kolbeinn Sigthorsson bedankte sich für die Unterstützung mit einem Flachschuss zum 1:4, aber Giroud legte nur zwei Minuten später das fünfte französische Tor nach. Er durfte später ebenso vorzeitig den Platz verlassen wie Payet, beide wurden sie für den Donnerstag geschont. Den größten Applaus in dieser friedfertig geführten zweiten Halbzeit bekam Islands Routinier Eidur Gudjohnsen, der mit seinen 37 Jahren noch einen EM-Einsatz geschenkt bekam. Kurz nach seiner Einwechslung erzielte Birkir Bjarnason das zweite isländische Tor.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false