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90 MINUTEN mit …: Aldo Junior Simoncini Wie San Marinos Torhüter das Spiel erlebte

Beim Warmmachen gibt Aldo Junior Simoncini eine gute Figur ab. Das liegt auch ein wenig an der Qualität der Schüsse des in die Jahre gekommenen Torwarttrainers.

Beim Warmmachen gibt Aldo Junior Simoncini eine gute Figur ab. Das liegt auch ein wenig an der Qualität der Schüsse des in die Jahre gekommenen Torwarttrainers. Der 20 Jahre Torwart der Sanmarinesen könnte zu einer zentralen Figur des Länderspiels in Nürnberg werden – wenngleich eher unfreiwillig. Im Hinspiel in Serravalle hatte der Gute 13 Mal den Ball aus seinem Tor holen müssen. Und jetzt, so wenige Minuten vor dem Anpfiff, steht zu befürchten, dass es noch dicker kommt. So viel zur bedauernswerten Ausgangslage.

Dafür aber wirkt er ziemlich ruhig. Es vergehen vier Minuten, ehe er überhaupt das erste Mal eingreifen muss. Hitzlspergers Schuss kann er problemlos halten. 60 Sekunden später klärt er reflexartig gegen Klose. Das geht ja besser los als gedacht, wird Simoncini sich denken, als er auch die 12. Minute gegentorlos übersteht. Zu diesem Zeitpunkt führte Deutschland in San Marino 1:0.

Nach zwanzig Minuten hält er nach wagemutigem Einsatz einen Scharfschuss von Jansen. Abwehrchef Della Valle kommt zu ihm und schüttelt ihn vor Anerkennung durch. Simoncini hält ein 0:0, weil er es wirklich ganz gut macht und die Schüsse der Deutschen nicht viel besser sind als die des sanmarinesischen Torwarttrainers beim Warmmachen. Egal, was jetzt noch kommt, Simoncini, der Wirtschaftswissenschaften studiert und Ersatzmann beim drittklassigen San Marino Calcio ist, hat ein kleines Wunder vollbracht. Die Deutschen brauchen eine volle Halbzeit, ehe sie ihn bezwingen – durch einen Kopfball-Lupfer Kuranyis.

Auch in der zweiten Halbzeit steht er im Mittelpunkt. Nach dem ersten Schuss steht er ein wenig wacklig auf den Beinen und drückt sich den Ball noch einmal kräftig an die Brust. Er weiß, dass es so wie in der ersten Halbzeit nicht weitergehen wird. Seinen Vorderleuten geht die Puste aus, und die Deutschen drehen auf. Gegen Jansens Aufsetzer ist er ebenso machtlos wie kurz darauf gegen den Strafstoß von Frings. Böse ist ihm keiner seiner Mitspieler, jetzt, wo doch das gewohnte Spielchen seinen Lauf zu nehmen droht. Simoncini fängt sich fünf Gegentore in einer Viertelstunde. Aber er gibt nicht auf. Er wuchtet sich ins Getümmel und wirft sich bis zum Schluss den Schüssen entgegen. Vor dem Hinspiel hatte sein Trainer mit Tennisbällen auf sein Gehäuse geworfen, damit er sich an die Schüsse der Deutschen, die ihm um die Ohren fliegen sollten, gewöhnen kann. Am Ende musste Aldo Junior Simoncini sechs Treffer hinnehmen, aber die eine Halbzeit, die erste, die nimmt ihm keiner mehr. Michael Rosentritt

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