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Sport: 90 MINUTEN MIT Michael Ballack

Wie Bayerns neuer Star das Spiel in Gladbach erlebte

Der schöne Dunkelhaarige hatte schon immer davon geträumt, der Star zu sein beim großen FC Bayern. Gleich nach seiner Verpflichtung hatte er sich die Nummer Zehn gekrallt, ging sparsam mit seinen Autogrammen um und schätzte es, seinen Wert für den Rekordmeister zu betonen. Mag sein, dass Ciriaco Sforza, dessen Vertragsverhältnis dieser Tage gekündigt wurde, immer das sein wollte, was Michael Ballack (Foto: Reuters) nun ist. Oder sein soll: Superstar. Doch für den gebürtigen Görlitzer ist es nur eine weitere ihm angetragene Rolle, auf die er keinen Wert legt. „Ich brauche den Rummel nicht“, sagt Michael Ballack.

Als er am Samstagnachmittag zu seinem ersten Bundesligaspiel für seinen neuen Arbeitgeber aufläuft, trägt er die Rückennummer 13, die einst in Leverkusen für ihn übrig war. Er läuft im Pulk auf, eher unauffällig, so wie er sich in den ersten Wochen in seiner neuen Umgebung verhalten hat. Nur im Spiel duldet er es, im Mittelpunkt zu stehen.

Zehn Sekunden ist die Partie alt, da setzt Ballack zu seiner ersten Grätsche an. Bis zur Halbzeit sind es deren vier, er scheut keinen Zweikampf. Einmal prallen Ballack und der Gladbacher Markus Hausweiler, so etwas wie die robustere Prägung des jungen Dieter Eilts, aufeinander - Ballack setzt sich durch. Es scheint, als wolle er in dieser Phase ein Etikett abstreifen, das ihm lange Zeit angeheftet wurde: das des Mitglieds der Weichei-Fraktion, des verschnöselten Jungmillionärs, des phlegmatischen Fußball-Beaus. Von 20 direkten Duellen gewinnt Ballack 13 – eine starke Quote für einen offensiven Mittelfeldspieler.

Die Zweikampfwerte sind nur ein Beleg dafür, dass Ballack den Zuschauern auf dem Bökelberg diesmal nicht als Schönspieler in Erinnerung bleibt. Seine Pässe trudeln mehrfach ins Leere, eine Flanke landet im Fangnetz der Nordkurve. Bei seiner besten Aktion, einem Steilpass, steht der Adressat im Abseits. Manchmal bemüht er sich, das Spiel seiner Mannschaft zu strukturieren, manchmal nimmt er sich einige Minuten Auszeit. „Ich bin auf dem Platz nicht derjenige, der wie andere Spielmacher jeden Ball fordert und über den jeder Angriff läuft“, hat Ballack gesagt, und wie zum Beweis hält er sich zum Teil auffällig zurück. Ein wenig ist es der WM-Ballack, der seine Arbeit verrichtet wie ein verdeckter Ermittler und im entscheidenden Moment zuschlägt.

„Ich will gar kein Chef sein“, hat Michael Ballack in den letzten Tagen immer wieder sagen müssen. Vorerst wird ihn nach seiner Chefrolle vermutlich niemand mehr fragen. Daniel Pontzen

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