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Sport: 90 MINUTEN MIT Peter Gagelmann

Wie der Schiedsrichter das Spiel Bayer – Gladbach erlebte

Kurz vor dem Ende seines Arbeitseinsatzes in Leverkusen hat es Schiedsrichter Peter Gagelmann (Foto: Imago) aus Bremen dann doch noch erwischt. In der 87. Minute stoppte Daniel Bierofka eine Kopfball-Verlängerung von Lucio im gegnerischen Strafraum mit seinem linken Oberarm, legte sich den Ball auf den rechten Fuß und schoss ihn ins lange Eck, zum 2:2 für Leverkusen. Gagelmann hatte sein wichtigstes Arbeitsgerät bereits instinktiv in seinen Mund geführt, doch zur Überraschung aller unterdrückte er den Pfiff, der Borussia Mönchengladbach um zwei Punkte gegen den Abstieg brachte.

Im nächsten Moment bedrängten ihn sechs, sieben Gladbacher. Als der Ball schon wieder auf dem Anstoßpunkt lag, machte noch der sonst so ruhige Kapitän Marcel Witeczek seinem Ärger Luft. Und dann kamen die Rufe der Gladbacher Fans. „Schieber, Schieber“ und: „Fußball-Mafia DFB“. Dabei hatte Gagelmann an diesem Tag es besonders gut machen wollen. Auf der Tribüne notierte nämlich DFB-Schiedsrichterbeobachter Günther Linn jeden Fehler seines Kollegen. Und weil Gagelmann mit seinen 34 Jahren zu den jüngeren Schiedsrichtern gehört, wartete noch zusätzlich eine Video-Analyse.

Vor sieben Wochen hatte sich Gagelmann einen der spektakulärsten Pfiffe dieser Saison geleistet: Beim 1:0-Sieg des TSV 1860 München gegen Hertha BSC erkannte er das Münchner Siegtor an, obwohl Schütze Christian Schroth den Ball für das ganze Stadion sichtbar mit der Hand ins Netz geschmettert hatte. Diesmal lief es zunächst nahezu perfekt für Gagelmann. Von Anfang hielt er die Aktiven in Schach, unterstützt durch seine mehr als resolute Zeichensprache. Nachdem Lucio sich in der neunten Minute nach einem harmlosen Zweikampf mit van Hout lauthals beim Unparteiischen beschwert hatte, ging er, als der Ball kurz danach ruhte, energisch zum Weltmeister und wies ihn zurecht. Es war das letzte Mal, dass Lucio sich beschwerte.

Ein ruhiges Spiel entwickelte sich dann für Gagelmann. Selbst bei den sechs Abseitsstellungen der Leverkusener und den insgesamt 20 Freistößen in der ersten Hälfte akzeptierten die Spieler seine Entscheidungen. Doch dann in der zweiten Halbzeit, als klar war, dass das Spiel eng werden würde, wurde es hektisch und unübersichtlich. Aber selbst nach der Roten Karte für Placente wegen Nachtretens, die Gagelmann laut Beobachter Linn „richtig erkannt“ hatte, leitete der Schiedsrichter die Partie souverän. Dann dieses Handspiel. Später sagte Gagelmann: „Ich habe das nicht gesehen.“ Als Einziger im ganzen Stadion. Wieder traf einen Schiedsrichter das härteste Los: Eine falsch gepfiffene Szene zerstörte einen ansonsten perfekten Arbeitseinsatz. Denn diese eine Szene bleibt haften. Erik Eggers

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