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Sport: Abbau Ost

Die Bundesregierung will den Sportstättenbau in Ostdeutschland nicht mehr fördern – doch der Widerstand wächst

Berlin. Am Donnerstag hatten die Sportpolitiker der Bundesregierung viel zu tun. Am Vormittag saßen SPD-Experten im Reichstagsrestaurant und gingen zusammen Zahlenkolonnen durch. Am Abend dann lud kein Geringerer als Innenminister Otto Schily in seinen Amtssitz, um sich öffentlich zu erklären. Grund für die Aktivitäten: Der Bund will im kommenden Jahr weniger Geld für den Sport ausgeben. Statt 133,2 Millionen Euro soll der Sport nur noch mit 110,3 Millionen Euro gefördert werden – so sieht es die Etatplanung von Schilys Ministerium vor. Im Entwurf, der bereits vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, sind auch keine Mittel mehr für den so genannten Goldenen Plan Ost vorgesehen. Mit diesem Plan in zweistelliger Millionenhöhe waren bislang Jahr für Jahr Sportplätze und Turnhallen in Ostdeutschland gebaut oder saniert worden.

Nun steht im Etat für den Goldenen Plan Ost statt einer Geldsumme nur ein Strich – sollte das Parlament das nicht noch ändern, wäre eines der erfolgreichsten Förderprogramme für Ostdeutschland abgewickelt. Hohe Sportfunktionäre wie der Chef des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, sind darüber empört. „Es ist erschreckend, mit wie wenig Fingerspitzengefühl dieses Aufbauprogramm einfach gestrichen werden soll“, sagte Richthofen am Donnerstag dem Tagesspiegel. In einer Situation, in der sich mit Leipzig eine ostdeutsche Stadt um die Olympischen Spiele 2012 bewerbe, sei diese Kürzung „das falsche Signal“. Auch Sachsens Landessportbund-Chef Hermann Winkler protestierte: „Wenn das die Unterstützung für die Leipziger Bewerbung sein soll, wäre das ein grobes Foul.“

In diesem Jahr wird der Sportstättenbau in Ostdeutschland noch mit zehn Millionen Euro vom Bund unterstützt, im vergangenen Jahr waren es sogar 14,7 Millionen Euro. Hinzu kam eine Kofinanzierung durch Länder und Kommunen, die nun angesichts fehlender Bundesmittel wegfallen könnte. „Gerade in den neuen Ländern brauchen wir jeden Euro für Sportstätten“, kritisiert CDU-Sportexperte Klaus Riegert.

Die Regierung versuchte am Donnerstag, die Aufregung zu glätten. Schily sagte, er könne Enttäuschungen verstehen. „Aber auch der Sport muss seinen Beitrag zur Haushaltssanierung leisten.“ Zudem sei in dieser Sache vielleicht „das letzte Wort noch nicht gesprochen“. SPD-Politiker wie der ostdeutsche Abgeordnete Peter Danckert kündigten an, sich in den Etatverhandlungen des Parlaments für eine Rettung des Aufbauprogramms einzusetzen. „Beim Goldenen Plan Ost sind noch Diskussionen nötig“, gab SPD-Sportsprecherin Dagmar Freitag auf Nachfrage zu. „Der Bedarf für den Bau von Sportstätten in den neuen Ländern ist da.“

Neben dem Krach um den Sportstättenbau gerieten auch andere Etatposten in die Kritik. Die Befürchtung von Beobachtern, der Bund wolle auch den Stadionbau in Leipzig und Berlin nicht weiter fördern, konnte die Regierung aber entkräften. „Da beide Stadien bald fertig gebaut sind, muss man auch nichts mehr dafür bezahlen“, hieß es aus dem Innenministerium. Auch die Kritik, dass Leipzigs Olympia-Bewerbung nur mit fünf Millionen Euro unterstützt werden soll, wies Schily zurück. „Richtig viel Geld fließt erst, wenn der Zuschlag kommt. So war das bei der WM-Bewerbung im Fußball auch.“

Neuer Streit bahnt sich aber ausgerechnet bei der Finanzierung der Fußball-WM 2006 an. Die Erlöse der von Finanzminister Hans Eichel (SPD) aufgelegten WM–Gedenkmünze, mit denen das Kulturprogramm finanziert werden soll, gehen nach neuesten Erkenntnissen nur zu einem Drittel an den Sport. Nach internen Berechnungen erwartet das Finanzministerium fast 186 Millionen Euro Einnahmen durch die Münzen, mehr als 95 Millionen Euro werden als Ausgaben für Herstellung und Verkauf verbucht. Da das WM-Organisationskomitee bis zu 30 Millionen Euro bekommen soll, bleiben noch 60 Millionen Euro übrig. Die nimmt der Finanzminister ein. Riegert sagt dazu: „Hier wird der Sport missbraucht, um Haushaltslöcher zu stopfen.“

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