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Sport: Abflug vor dem Winter

Der DSV entlässt Skisprung-Bundestrainer Steiert

Berlin – Wolfgang Steiert neigt nicht selten zur Großspurigkeit. In einem jener Momente hat der Skisprung-Bundestrainer vor der Vierschanzentournee im vergangenen Winter behauptet: „Es sind Dinge möglich, von denen wir im Moment noch gar nicht träumen können.“ Blöd nur, dass anschließend nicht einmal jene Erfolge wahr wurden, die alle von seinen Springern erwartet hatten. Daran änderte sich im weiteren Verlauf der Saison nichts. Als das deutsche Team nun auch in diesem Sommer bei den Grand-Prix-Springen weiterhin schwach hüpfte, wurde gestern ein Ding möglich, von dem zumindest Steiert nicht geträumt haben dürfte: Er ist noch vor Beginn der Wintersaison entlassen worden.

Der Zeitpunkt lässt sich als Höchststrafe begreifen. Die Not muss groß sein, wenn der Deutsche Skiverband (DSV) so kurz vor Saisonbeginn eine so weitreichende Entscheidung trifft. „Natürlich ist der Zeitpunkt ungünstig, aber wir konnten keine Stunde mehr warten“, sagte Thomas Pfüller dem Sportinformationsdienst. Der DSV-Generalsekretär wirft Steiert große Mängel in der methodischen Arbeit vor. „Die Analysearbeit war, gelinde gesagt, lückenhaft“, sagt Pfüller. Steiert habe nicht geplant, sondern aus dem Bauch heraus gearbeitet. „Wir waren einfach nicht mehr überzeugt, dass sein Führungsstil längerfristig zu Erfolg führt.“ Nun soll der bisherige Kotrainer Peter Rohwein die Mannschaft auf die Wintersaison vorbereiten. Jürgen Wolf und der Wissenschaftler Horst Mroß sollen das deutsche Skisprungteam aus der Krise führen. Das neue Trainergespann wird sehr wahrscheinlich auf Sven Hannawald verzichten, der am Burn-Out-Syndrom leidet und dessen Comeback sehr fraglich ist.

„Sicher lassen sich die Ergebnisse des Sommer Grand Prix nicht schönreden“, sagte Wolfgang Steiert, „allerdings war meine Trainingskonzeption von Anfang an auf den Winter ausgerichtet, deshalb fällt es mir schwer diese Entscheidung zu akzeptierten“. Im April 2003 hatte er den Job als Cheftrainer im Skispringen übernommen, zuvor hatte er sich als Stützpunkttrainer um die beiden deutschen Stars Sven Hannawald und Martin Schmitt gekümmert. Seit mehreren Jahren hatte er öffentlich seine Ambitionen auf den Cheftrainerposten geäußert, nach der verkorksten WM 2003 bekam er seine Chance. Nun sprachen sich auch die Springer dafür aus, den langjährigen Bundestrainer Reinhard Hess abzulösen.

Doch unter Steiert häuften sich die Probleme. Die vergangene Saison begann mit einer Magersucht-Debatte, die Frank Löffler und Michael Möllinger ausgelöst hatten. Beide Springer waren von Steiert aus dem Kader geworfen worden, weil sie sich weigerten, noch mehr abzunehmen. Als die Ergebnisse der anderen Springer nicht stimmten, wuchs die Kritik am Cheftrainer und seiner autoritären und selbstherrlichen Art.

Der ehemalige Olympiasieger Dieter Thoma nannte die Ablösung eine „überfällige Entscheidung“. Steiert habe sich trotz ausreichender Zeit nicht als Cheftrainer bewährt. Die Springer aber zeigten sich überrascht von den Ereignissen. Martin Schmitt sagte: „Damit hat keiner gerechnet.“

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