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Sport: Abgang als Doppel

Australian Open: Die Titelverteidigerin Serena Williams und die Weltranglistenerste Justine Henin sind raus

Jelena Jankovic hat bereits aufgegeben. Sie weiß, dass sie in eine aussichtslose Position auf dem Feld gedrängt wurde und erwartet nur noch den sicheren Punktabschluss ihrer Gegnerin. Doch Serena Williams platziert ihren wuchtigen Vorhandschlag unbedrängt einige Zentimeter neben die Linie. Sie stößt einen spitzen Schrei der Verzweiflung aus und lässt sich kraftlos in die Hocke fallen. Einen Moment lang verharrt sie so auf den Schläger gestützt und schaut mit fragendem Blick in Richtung ihrer Schwester Venus auf der Tribüne. Absolut nichts will so laufen, wie es die US-Amerikanerin von sich gewohnt ist. Statt aggressives Power-Tennis zu spielen, mit dem sie die Gegnerinnen sonst dominieren kann wie kaum eine zweite Spielerin, wirkt Williams wie eine müde und mutlose Kopie ihrer selbst. Gerade hatte sie sich für einen Moment aufgebäumt, schien ihren Rhythmus und ihren Siegesswillen wiedergefunden zu haben und musste doch ein weiteres Break im zweiten Satz hinnehmen.

Fehler reihte sich an Fehler bei der Titelverteidigerin der Australian Open, sie bewegte sich schwerfällig und verlor sieben Mal ihren Aufschlag. Die an Position drei gesetzte Jankovic ging zwar angeschlagen in das Viertelfinale, stemmte sich jedoch mit druckvollen Grundschlägen, wie sie von Williams erwartet wurden, gegen ihre Gegnerin. Vor einem Jahr war ihr die Serbin noch im Achtelfinale unterlegen gewesen, nun setzte sie sich verdient 6:3 und 6:4 durch. „Ich wollte die Revanche so sehr“, erklärte Jankovic. „Ich kann nicht glauben, dass ich es tatsächlich geschafft habe. Ich zittere immer noch.“ Der Gedanke an eine Revanche habe ihr zusätzliche Kraft gegeben und sie die Schmerzen vergessen lassen, die sie am ganzen Körper spüre: „Ich brauche einen Ölwechsel und neue Reifen“, witzelte Jankovic.

Ihrer Gegnerin war dagegen das Lachen vergangen. Nach ihrem Triumphzug im Vorjahr, als sie als Nummer 81 der Welt nach langer Verletzungspause völlig unerwartet in Melbourne den Titel zum dritten Mal holte, kam das vorzeitige Aus als hoch gehandelte Favoritin. „Ich bin fast verrückt geworden, weil ich so viele Fehler gemacht habe. Ich bin Perfektionistin und daher sehr enttäuscht. Ich hatte das Match auf dem Schläger und habe es weggegeben“, fand Williams, die im Anschluss auch noch im Doppel gemeinsam mit ihrer Schwester ausschied.

Einen fast noch schwärzeren Tag erlebte Justine Henin in ihrer Partie gegen Maria Scharapowa. Die Russin prügelte die Bälle mit solcher Wucht über das Netz, dass sie die Weltranglistenerste mit ihrem aggressiven Spiel regelrecht überrollte. Die Passierbälle schlugen links und rechts neben der Belgierin ein, und mehr noch, Scharapowa überraschte mit einem neuen und variableren Spiel. Sie düpierte Henin immer wieder mit eingestreuten Lobs und perfekt getimten Stoppbällen. Nach etwas mehr als anderthalb Stunden war die Belgierin endlich erlöst und durfte nach dem 4:6 und 0:6 die Rod Laver Arena verlassen. Scharapowa nahm den Jubel der 15 700 Zuschauer für den Halbfinaleinzug entgegen und warf Kusshändchen in die Runde.

Die Nummer eins der Setzliste, die seit 32 Matches ungeschlagen war, musste nachher eingestehen, dass sie in beeindruckender Manier bezwungen worden war. „Sie hat heute alles besser gemacht als ich“, gestand die unterlegene Justine Henin ein. „Sie hat auf einem unglaublichen Niveau gespielt, so konstant und aggressiv. Sie ist in fantastischer Form.“

An ihrer Form hat Scharapowa während der Saisonpause unübersehbar hart gearbeitet. Nach dem „Seuchenjahr“ 2007, wie sie es selbst nannte, als sie unter anderem im Finale der Australian Open von Serena Williams eine der bittersten Lehrstunden ihrer Karriere erhielt, fühlte die ehrgeizige Russin, dass sie etwas Grundlegendes an ihrem Spiel ändern müsse. „Ich versuche jetzt, in kritischen Momenten ruhiger zu bleiben und den Druck auf die Gegnerin weiter zu erhöhen, anstatt zurückzustecken. Ich will die Kontrolle über das Geschehen“, erklärte Scharapowa.

In Melbourne scheint sie diese Kontrolle nun wiedergefunden zu haben und wirkt stärker denn je, besonders im mentalen Bereich. Und auch die Verletzungssorgen, die sie besonders im Schulterbereich gehandicapt hatten, sind überwunden. Doch trotz ihrer neuen Stärke will sie noch nicht über das Halbfinalduell mit Jankovic hinausdenken: „Auch wenn ich Justine geschlagen habe, gibt es noch eine Menge Arbeit für mich. Aber das Turnier ist noch nicht vorbei.“

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