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Sport: Abgekocht

Der gelernte Koch Stefan Holzner gewinnt überraschend den Ironman in Frankfurt – und lässt die internationalen Favoriten weit hinter sich

Frankfurt. Es geschah bei Kilometer 22. Ein letztes Mal goss sich Stefan Holzner am Wegesrand einen riesigen Trog Wasser über den Kopf. So viel Zeit musste sein, auch wenn die gesamte Weltelite an den Fersen des 34-jährigen Deutschen haftete und mit dem Mut der Verzweiflung versuchte, den Außenseiter doch noch von der Spitze zu verdrängen. „Jetzt oder nie“, sagte sich der schüchterne Bayer und forcierte ein letztes Mal das Tempo.

„Es kommt ja niemand, um mich einzufangen“, wunderte sich Holzner. Und so nahm er noch die letzten 20 Kilometer der Laufstrecke in Angriff, um die große Überraschung beim „2. Opel-Ironman-Germany“ in Frankfurt zu realisieren und sich für Hawaii zu qualifizieren.

Und tatsächlich: Der Deutsche schaffte, was ihm niemand zugetraut hatte. Er gewann die zweite Auflage des Ironman in Frankfurt – noch dazu mit einem Streckenrekord (8:12:29). Bei tropischen Temperaturen von rund dreißig Grad lief Holzner nach 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen am Römerberg als Erster durchs Ziel. Das weiße Trikot weit über der Hose, die Faust über dem Kopf geballt und von den Zuschauern umjubelt.

Vielen der teilnehmenden Deutschen hätte man einen solchen Sieg zugetraut. Thomas Hellriegel wegen seiner enormen Kraft auf dem Rad. Auch Jürgen Zäck. Trotz seines Alters von 37 Jahren ist er doch ein Gigant auf dem Rad. Aber vor allem den internationalen Stars. Dem Neuseeländer Cameron Brown, der dieses Jahr beim legendären Ironman auf Hawaii als Favorit gehandelt wird. Oder dem Kanadier Peter Reid, der schon zweimal auf Hawaii gewonnen hat. Doch mit dem vierten Ironman-Sieg von Stefan Holzner hatten nicht mal die Experten gerechnet .

Doch schnell hatte der Triathlet aus Bad Reichenhall dem Rennen seinen Stempel aufgedrückt. Schon bald hieß das Motto des Wettkampfes: Wer fängt den Koch? Denn auf der Radstrecke düpierte der gelernte Küchenchef alle. Dabei war er lediglich als Elfter in der Morgendämmerung aus dem Wasser gestiegen.

Zu schnell war der Deutsche Jan Sibbersen (Meeder) durch den Langener Waldsee gekrault. In Weltbestzeit (44:29) stieg er aus dem Wasser – viel zu schnell für Holzner. Erst hinter den großen Favoriten stieg Holzner aufs Rennrad. Doch dann drehte Holzner mächtig auf. Wie schon letztes Jahr auf Hawaii. Dort war er im vergangenen Oktober die fünftschnellste Radzeit gefahren. In Frankfurt nutzte er seine Stärke auf dem Rennrad, um den Spitzenstars davonzufahren. Über fünf Minuten nahm er Hellriegel und Reid ab, Brown, dem Topfavoriten, gar über sieben Minuten.

Doch was sind fünf bis sieben Minuten? Würde das gegen Marathon-Asse wie Brown oder Reid reichen? Er selbst glaubte es anfangs nicht: „Eigentlich genoss ich es, auf dem Fahrrad endlich auch mal im Fernsehen zu sein", erklärte der Sieger nach dem Zieleinlauf. Immerhin hatte er noch letztes Jahr in Hawaii durch ein zu hohes Tempo auf dem Rad zu viel Kraft gelassen – war nur noch 20. geworden. Doch diesmal in Frankfurt kam alles anders. Nach 25 Kilometer Laufen war Holzner noch immer dreieinhalb Minuten vor den Verfolgern. Bei Kilometer 30 noch zweieinhalb. Sieben Kilometer vor dem Ziel war es Brown, der an dem Zweiten Reid vorbeistürmte und den Bayern ein letztes Mal zu attackieren versuchte.

Doch auch den neuseeländischen Laufspezialisten schüttelte der Bayer in stoischer Ruhe ab und gewann vor Brown (8:15:52) und Zäck (8:20:12). Den Fünften Hellriegel hatte er gar zehn Minuten hinter sich gelassen. Es war eben der Tag, an dem der Koch der Weltelite davonlief. „Eine absolute Sensation“, wie Holzner selbst befand. Auf jeden Fall ein Erfolg, der den überragenden Sieg von Nina Kraft bei den Frauen (9:03:11 Std.) in Vergessenheit geraten ließ.

Christoph Bertling

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