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Merkel

© ddp

Abpfeifen, bitte: Was uns bei der EM 2008 nicht gefallen hat

Pleiten, Pech, Pannen und immer wieder Frau Merkel: Nicht alles hat uns bei dieser Fußball-EM 2008 gefallen. Zeit für eine kleine Abrechnung. Und was hat Sie gestört?

DIE BILDREGIE
Wir sehen ausgiebige Dreifach-Zeitlupen einer Flanke ins Nichts. Wir sehen Schwenks über sinnlos begeisterte Kostümträger. Wir sehen verdiente Veteranen auf der Ehrentribüne ein Schwätzchen halten. Was wir nicht sehen, ist der Lauf des Spiels. Der Ball fliegt ins Toraus. Schnitt auf Frau Merkel. Was passiert mit dem Ball? Frau Merkel klatscht. Schnitt. Oh, der Ball ist fast schon an der Strafraumgrenze! Wie mag er dorthin gekommen sein? Wir müssten Frau Merkel fragen.

DAS RAHMENPROGRAMM
Vor Spielbeginn in den Stadien: Aus den Lautsprechern brüllen Stimmungsschlager, Einpeitscher zwingen zu „La-Ola- Wellen“, junge Frauen bieten auf dem Rasen rhythmische Sportgymnastik dar. Vor Spielbeginn im ZDF: Popgrüppchen spielen selbsternannte EM-Songs vor. Nach Spielende in ZDF und ARD: Schaltungen in europäische Hauptstädte, in denen stets „eine Wahnsinnsstimmung herrscht“ und „man sein eigenes Wort nicht mehr versteht“. Im Anschluss: Waldemar Hartmann, Ingolf Lück und Konsorten versuchen, lustig zu sein.

DIE GASTGEBER
Wenn Österreich spielt, tragen Heerscharen Rot-Weiß-Rot. Wenn Österreich nicht spielt, gibt sich niemand als Fan zu erkennen. Im Ernst-Happel-Stadion werden auch Skier gelagert. Fußball ist eine Randsportart. Beim Ko-Gastgeber wiederum war die EM „der größte Anlass, der je in der Schweiz stattgefunden hat“, wie der Sprecher des Baseler Sportmuseums formuliert. Ein „Anlass“, ja. Ein Event, Inhalt Nebensache. Wenn Fifa und Uefa auch für Kricket-Turniere zuständig wären, würden sie die wohl nach Deutschland oder die Mongolei vergeben.

DIE POLITIKER
Immer wieder gut: Wenn Politiker Fußball und Leben verwechseln. Stellvertretend für alle hier die Islambeauftragte der SPD Lale Akgün: „Ich freue mich, wenn Deutschland Europameister im Fußball wird, aber ich freue mich noch mehr, wenn Deutschland Exportweltmeister wird, oder bei der Bildung, beim Bruttosozialprodukt, oder bei der Berufstätigkeit von Frauen.“ Jaa! Wenn Deutschland Spanien bei der Frauenberufstätigkeitsquote schlägt – das wird einen Jubel geben!

UND ANSONSTEN
Die griechischen Statuen, die Otto Rehhagel gegen Schweden aufgestellt hat. Der Regen in Basel, der Regen in Klagenfurt, der Regen in Genf, der Regen in Wien. Die Stromversorgung in Wien. Der eine oder andere vierte Offizielle. Zipfel und Zapfel, oder wie hießen diese Maskottchen gleich? Und dass uns schon wieder so viele Mannschaften das Tippspiel verhagelt haben.

Und was hat Ihnen nicht gefallen, liebe Leserin und liebe Leser? Schreiben Sie einfach unter diesen Text - oder schicken Sie uns Ihre Meinung per Mail an 11freunde@tagesspiegel.de  

Holger Wild

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