zum Hauptinhalt

Sport: Abschied eines großen Athleten Jörg Hoffmann kündigt seinen Rücktritt an – wieder einmal

Berlin. Ein Reporter traute sich tatsächlich zu fragen: „Ist dieses Ergebnis ein Motivationssschub für die Olympischen Spiele 2004?

Berlin. Ein Reporter traute sich tatsächlich zu fragen: „Ist dieses Ergebnis ein Motivationssschub für die Olympischen Spiele 2004?“ Es ist gefährlich, Jörg Hoffmann so etwas zu fragen, wenn er gerade eine Riesenenttäuschung erlebt hat. Hoffmann ist fast zwei Meter groß und hat die Figur eines Bodybuilders, und er versteht in solchen Momenten keinen Spaß. Er brummte nur: „Das ist eher ein Grund ganz aufzuhören.“ 15:11,16 Minuten über 1500 m Freistil sind für ihn eigentlich eine gute Zeit, er ist schließlich schon 32 Jahre alt. Aber er wollte bei der Schwimm-EM mehr als Platz fünf, er wollte eine Medaille. Und dann sagte er es doch: „Das war mein letztes 1500 m Rennen auf der 50-m-Bahn." Man muss da bei Hoffmann vorsichtig sein. Er hatte schon 1997 erklärt, er werde nach 1998 nie mehr diese lange Strecke absolvieren. Aber jetzt ist es wohl endgültig. Und damit verschwindet ein Denkmal. Denn Jörg Hoffmann aus Potsdam ist als Schwimmer nur auf der Marathonstrecke, und zwar auf der langen Bahn, denkbar Die 25-Meter-Bahn zählt nicht.

Auf der 50-m-Bahn wurde er viermal Europameister, er wurde 1991 Weltmeister in einem legendären Rennen in Australien, wo er in Perth die australischen Superstars besiegte und mit 14:50,36 Sekunden einen Weltrekord aufstellte. Er hatte vor dem Rennen die australischen Fans provoziert, sie pfiffen ihn aus, aber Hoffmann hatte im Wasser „nur einen Heidenspaß". Der Weltrekord war seine Antwort auf die Pfiffe.

Die 1500 m gelten neben den 400 m Lagen als die härteste Strecke im Schwimmen, und Hoffmann war viele Jahre der härteste Athlet, den es im Schwimmen gab. Keiner trainierte so kompromisslos und lange bis an die Schmerzgrenze, wie dieser hünenhafte Mann, der kein Wort zu viel sprach. Als Hoffmann den Arm in Gips hatte, wickelte er eine Plastikfolie um den Gips und ging ins Wasser. Aber Hoffmann verpasste den richtigen Absprung. Er hängte immer noch ein Jahr dran und noch eins, immer in der Hoffnung, an seine alten Glanzzeiten zumindest annähernd anknüpfen zu können. Er schaffte es nie.

Er schwamm auf der 50-m-Bahn stattdessen immer häufiger hinterher. Er hat geheiratet, er hat ein Kind, er hat sein Studium der Forstwirtschaften nicht mehr schleifen lassen. Er war nicht mehr der Alte. Doch Hoffmann hat diesen Punkt verbissen verdrängt. Stattdessen schimpfte er über den Zeitplan bei deutschen Meisterschaften, der ihn benachteiligt habe, nachdem er gegen den jungen Heiko Hell klar verloren hatte. Oder er griff den damaligen Männer-Bundestrainer Manfred Thiesmann an, weil der ihm Schlechtes wolle. Es waren beschämende Begründungen, beschämend für einen Mann von solcher Größe.

Gestern aber hat er einfach die Realität akzeptiert. Frank Bachner

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false