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Sport: Abschied im Nebel

Bei ihren fünften und letzten Olympischen Spielen fährt Martina Ertl-Renz im Riesenslalom auf Platz 15

Der Abschied von Sestriere ist Martina Ertl-Renz leicht gefallen. Bereits einige Stunden nach dem Riesenslalom wollte die deutsche Skirennfahrerin ihre Taschen packen und mit ihrem Ehemann in Richtung Lenggries fahren. Was sie von den Olympischen Spielen von Turin mitnehme, ist sie am gestrigen Mittag gefragt worden. Die 32-Jährige antwortete: „Dreckige Schuhe.“

Lieber hätte Martina Ertl natürlich eine weitere olympische Medaille mitgenommen. Drei hatte sie vor ihren fünften Spielen schon geholt, und nach Platz fünf im ersten Durchgang hatte es gestern im Riesenslalom danach ausgesehen, als könnte ihr das in ihrem letzten olympischen Rennen noch einmal gelingen. „Da fängt man an zu träumen“, sagte Damen-Cheftrainer Wolfgang Maier, „aber das ist ja jäh beendet worden.“ Ertl-Renz hatte Vollgas für den zweiten Durchgang angekündigt, doch nach einem Fahrfehler, bei dem sie auf dem Innenski wegrutschte und knapp einen Sturz verhinderte, belegte sie Rang 15. „Mein Fehler ist ärgerlich, aber ich habe das Rennen schon abgehakt“, sagte sie. Im dichten Nebel und bei starkem Schneefall gewann die Amerikanerin Julia Mancuso vor Tanja Poutiainen (Finnland) und Anna Ottosson (Schweden).

„Die Sicht war katastrophal“, sagte Martina Ertl-Renz, „aber ich habe alles probiert.“ Sie vermutete, dass der Riesenslalom trotzdem gestartet werden musste, weil für Sestriere in den nächsten Tagen weitere vierzig Zentimeter Schnee angesagt sind. Cheftrainer Wolfgang Maier fand die Bedingungen nicht so widrig wie am Mittwoch im Slalom, als ebenfalls dichter Nebel die Sicht behindert hat. „Das war schlimmer“, sagte er, „es stehen ja jetzt auch die Richtigen oben.“

Von den alpinen Fahrern des Deutschen Skiverbandes (DSV) stand bei diesen Spielen niemand oben. Wenn nicht Alois Vogl oder Felix Neureuther im heutigen Slalom das noch ändern, wird die alpine Abteilung des DSV erstmals seit Sarajevo 1984 ohne Medaille von Olympischen Spielen zurückkehren. Der Cheftrainer spielte daher die Bedeutung der olympischen Rennen herunter. „Das steht für die Medien im Zentrum“, sagte er, „aber ich finde auch die anderen 30 Rennen im Weltcup wichtig.“ Trotzdem wird sich nach den Spielen bei den Alpinen manches verändern. Maier wird künftig beim DSV in der Führungsebene für die Entwicklung verantwortlich sein. „Der Neuanfang hat schon begonnen“, sagte er, „ich finde unserer Bilanz bei den Spielen nicht so schlecht, wir haben ja vorher gewusst, was los ist.“ Seine Läuferinnen seien nach der Verletzung von Maria Riesch und dem Karriereende von Hilde Gerg nur für Plätze zwischen 5 bis 10 gut. „Ein Medaille für Martina wäre eine Sensation gewesen“, sagte Maier.

In Lillehammer hatte Martina Ertl Silber im Riesenslalom gewonnen, in Nagano holte sie Silber in der Kombination und in Salt Lake City Bronze in der Kombination. „Das war eine besondere Medaille für mich, weil ich vorher Probleme hatte“, sagte sie. Dass sie nun aus Sestriere ohne eine Medaille heimkehrt, bedrückt sie nicht. „Der hier hat auch ein Loch in der Mitte“, sagte sie in Anspielung auf das Design der Medaillen in Turin und hielt ihren Ehering in die Höhe. Sie wird noch die Weltcuprennen in Skandinavien fahren und dann ihre erfolgreiche Karriere endgültig beenden. Danach pausiert sie zunächst und wird dann ihrem Ehemann in dessen Münchner Sportgeschäft helfen. Vielleicht werde sie auch den Medien als Skiexpertin zur Verfügung stehen, sagte sie.

Dass sie gestern letztmalig bei Winterspielen aufgetreten ist, rief keine besonderen Emotionen bei ihr hervor. „Ich bin so alt, ich muss jetzt nicht heulen“, sagte sie, „mir geht es gut, mir tut nichts weh, ich bin gesund.“ Erst als ihr eine Journalistin ein eilig gemaltes Herz und den Satz „Danke für 15 Jahre Weltcup“ überreichte, änderte sich das etwas. Sie sagte: „Jetzt werde ich doch sentimental.“

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