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Sport: Abschied im Regen

Der Schweizer Küttel gewinnt das letzte Springen auf der Olympiaschanze in Garmisch – Schmitt Achter

Das kleine Feuerwerk an der alten Schanze von Garmisch-Partenkirchen bedurfte einer Erklärung. „Die Schanze ist jetzt virtuell gesprengt“, rief der Stadionsprecher den wenigen verbliebenen Zuschauern im Olympiastadion Garmisch-Partenkirchen zu. „Jetzt sollte RTL eigentlich auf der Videoleinwand die neue Schanze einblenden.“ Die Einblendung kam nicht, doch der Stadionsprecher wollte nicht aufgeben. „Vielleicht kann das Stadion-TV die Kuh filmen, da ist die neue Schanze auch drauf gezeichnet.“

Es hat so manches nicht funktioniert beim Neujahrsspringen von Garmisch-Partenkirchen. Bei strömendem Regen und starkem Wind musste das zweite Springen der Vierschanzentournee nach nur einem Durchgang abgebrochen werden. Der Schweizer Andreas Küttel stürmte daraufhin aus seinem Container und stemmte beide Ski jubelnd in die Luft. Er hatte sich mit einem Sprung auf 125,5 Meter den Tagessieg gesichert. „Es ist ein spezielles Gefühl, wenn man nicht nach einem Sprung gewonnen hat, sondern erst in der Kabine davon erfährt“, sagte der Schweizer. Auf Platz zwei sprang der Finne Matti Hautamäki, Rang drei belegte der Japaner Noriaki Kasai, der mit 128 Metern zwar zur Bestweite flog, aber die schlechteren Haltungsnoten erhielt. Der Sieger von Oberstdorf, der Österreicher Gregor Schlierenzauer, landete auf Rang vier. Er führt im Gesamtklassement nur noch mit drei Punkten vor Andreas Küttel. „Nach dem Springen von Innsbruck wissen wir mehr“, sagt Küttel, „das ist die Heimschanze von Gregor Schlierenzauer, also wird er dort sicher nicht schlecht springen.“ Die Deutschen Martin Schmitt und Michael Uhrmann erreichten in Garmisch-Partenkirchen mit Platz acht und neun ihre besten Ergebnisse in dieser Saison, trotzdem waren sie nach dem Abbruch unzufrieden. „Ich hätte mir schon noch zugetraut, ein, zwei Plätze gutzumachen“, sagte Martin Schmitt.

Doch der Regen hatte die Anlaufspur ausgewaschen und ausgehöhlt. „Es war wie in einer Bobbahn“, sagte der Schweizer Cheftrainer Berni Schödler, „es war genau richtig, abzubrechen.“ Die Ski pendelten unruhig in der Spur, was die Springer beim Absprung zu sehr beeinträchtigt hatte. Hinzu kam der unberechenbare Wind, der schon den ersten Durchgang durcheinandergewirbelt hatte. Noriaki Kasai hielt nach seiner Landung ungläubig die Hände vor seinen Mund und staunte über die Böe, die ihn bis auf eineinhalb Meter an den Schanzenrekord herangetragen hatte. „Das war heute nur Glück“, sagte Kasai. Alle Trainer begrüßten den ersten Abbruch seit 20 Jahren bei einer Vierschanzentournee.

„Die Sicherheit steht im Vordergrund“, sagte Bundestrainer Peter Rohwein. Trotzdem trauerte er einer vergebenen Möglichkeit nach. „Es tut mir leid für Martin Schmitt“, sagte er, „er ist hier bei schwierigen Bedingungen stabil gesprungen.“ Auch Michael Uhrmann ärgerte sich. „Mein Sprung war nicht gerade der beste“, sagte er, „ich bin im Anlauf ziemlich hinterhergefahren.“ Es reichte für sein bisher bestes Ergebnis in diesem Winter.

Vor allem Martin Schmitt verlässt Garmisch-Partenkirchen mit einem guten Gefühl. „Ich war vier Jahre lang nicht in der Weltspitze“, sagte er, „jetzt habe ich den Anschluss wiedergefunden.“ Er hatte in jedem Sprung überzeugt, im Training am Neujahrstag hatte er sogar Bestweite erzielt. „Jeder Sprung war auf einem hohen Niveau, da kann man schon von einer stabilen Form sprechen“, sagte der 28-Jährige, „mit jedem Sprung ist mein Selbstbewusstsein gestiegen.“ So ärgerte es ihn, dass er seine ansteigende Form nicht auch noch im zweiten Durchgang unter Beweis stellen konnte.

Er blieb nicht der Einzige. „Ich wäre gerne gesprungen“, sagte auch der ehemalige österreichische Skispringer Andreas Goldberger. Er hätte zwischen einem Feuerwerk als letzter Springer über die 1936 gebaute Olympiaschanze gehen sollen, ehe diese im März einem Neubau weichen wird. Doch sogar der Abschiedssprung fiel aus an diesem 1. Januar 2007 in Garmisch-Partenkirchen.

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