zum Hauptinhalt
Hannover 96 - 1. FC Köln

© dpa

Abschied vom FC: Türken feiern Christoph Daum

Die Türkei sei sein zweites Heimatland, hat Christoph Daum einmal gesagt. Jetzt kehrt der deutsche Erfolgs- und Skandaltrainer vom 1. FC Köln zu Fenerbahce Istanbul zurück. Dort steht er unter einem extrem hohen Erfolgsdruck.

In der türkischen Metropole warten viele alte Freunde auf den Deutschen. „Tja, ich hab’s gehört, nun kommt er wieder mal her. Wir schicken euch unsere Arbeiter, und ihr schickt uns eure Trainer“, sagte ein Istanbuler Gemüsehändler am Dienstag.

Zweimal hintereinander holte Daum mit Fenerbahce in den Jahren 2004 und 2005 die Meisterschaft. Die Vereinsführung hatte ihn 2003 als Retter in der Not verpflichtet, setzte ihn aber 2006 wieder vor die Tür, als er nacheinander zuerst das Pokalfinale und dann die Meisterschaft verpatzt hatte. In den Neunzigerjahren hatte Daum bereits mit einem anderen Istanbuler Spitzenclub, Besiktas, Erfolge gefeiert. Daums Kokain-Affäre hat die Türken nie besonders interessiert.

Nun soll der 55-jährige Deutsche den wegen ihrer blau-gelben Trikots „Kanarienvögel“ genannten Fenerbahce-Spielern erneut aus der Patsche helfen, angeblich für 3,5 Millionen Euro im Jahr. Finanzielle und sportliche Gründe gaben den Ausschlag für den Wechsel, wie der Kölner Präsident Wolfgang Overath sagte.

In der gerade beendeten Saison reichte es für Fenerbahce nur für Platz vier, zehn Punkte hinter Meister Besiktas. Für Fenerbahce, den mit Abstand reichsten Istanbuler Verein, ist eine solche Platzierung inakzeptabel. Der Verein, der sich Stars wie den Brasilianer Roberto Carlos leistet, will ganz oben in Europa mitspielen. Der ehemalige spanische Nationaltrainer Luis Aragones wurde nach nur einer Saison als Fenerbahce-Coach gefeuert, um für Daum Platz zu machen.

Fenerbahce-Präsident Aziz Yildirim, ein schwerreicher Bauunternehmer, ist Daums wichtigster Freund und Förderer in Istanbul. Beide Männer wollen ganz nach oben im europäischen Fußball. Yildirim hat das Geld und hofft auf Daums vielgerühmte Fähigkeit, Teams zu motivieren. „Wenn jemand Fenerbahce in dieser Situation zur Meisterschaft führen kann, dann ist es Daum“, schrieb ein Leser der Internetausgabe der Zeitung „Hürriyet“ am Dienstag voller Vorfreude. „Daums Fußball-Mentalität passt gut zur Türkei“, jubelte ein anderer.

Doch Daum wird in Istanbul unter einem extrem hohen Erfolgsdruck stehen. Und er wird sich – wie schon bei seinen früheren Aufenthalten in der Türkei – damit abfinden müssen, dass türkische Clubs zwar an die europäische Spitze wollen, aber längst nicht die Ressourcen haben, um sich erstklassige Mannschaften zusammenzukaufen.

Daum weiß außerdem aus eigener Erfahrung, dass die Türken nicht lange fackeln, wenn es mal weniger gut läuft als erwartet. Die türkische „Süper Lig“ ist berüchtigt für ihren Trainerverschleiß. Seit Daums Rausschmiss vor drei Jahren hatte Fenerhahce bereits zwei andere Übungsleiter.

Auch wird die Konkurrenz in der Türkei härter. Lange Jahre regierten die drei Istanbuler Giganten Fenerbahce, Besiktas und Galatasaray die türkische Fußballszene nach Belieben. Doch in der jüngsten Saison bekamen die „Großen Drei“, wie sie in der Türkei genannt werden, unerwartet viel Druck aus dem tiefsten Anatolien: Der Provinzclub Sivasspor aus der Stadt Sivas war über Wochen Spitzenreiter der „Süper Lig“ und hätte sich sogar die Meisterschaft sichern können, wenn die Mannschaft in der Endphase nicht die Nerven verloren hätte und in drei der letzten fünf Spiele als Verlierer vom Platz gegangen wäre.

Trotz der verpassten Meisterschaft sicherte sich Sivasspor als Zweitplatzierter hinter Meister Besiktas einen Platz in der Champions League – eine Premiere in der türkischen Fußballgeschichte, denn noch nie durfte ein anatolischer No-Name-Verein wie Sivas in der Königsklasse des europäischen Fußballs mitkicken und mitverdienen. Für Daum wird sein insgesamt vierter Aufenthalt in Istanbul also kein Zuckerschlecken.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false