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Was der deutsche Fußball Bastian Schweinsteiger zu verdanken hat, zeigten seine Mitspieler am Mittwoch nach dem Abpfiff.

© Ina Fassbender/dpa

Abschied von Bastian Schweinsteiger: Ein neues Kapitel für die Nationalelf

Der Abschied von Schweinsteiger bedeutet auch eine Generationenwende in der Nationalmannschaft. Der Bundestrainer ist hoffnungsvoll.

Vielleicht wird man in zwölf bis fünfzehn Jahren, wenn der beste deutsche Verteidiger des vergangenen Jahrzehnts seine Karriere beendet, noch einmal an dieses historische Spiel erinnern. Vielleicht wird Jochen Breyer dann im gläsernen ZDF-Studio jene Szene aus der 67. Minute des eigentlich belanglosen Testspiels zwischen der deutschen Nationalmannschaft und Finnland einspielen lassen. Man wird dem damals noch blutjungen Verteidiger dabei zusehen können, wie er bei seiner Auswechslung von diesem grauhaarigen Veteran per Handschlag verabschiedet wird, und dann wird Jochen Breyer sagen: „Ja, Niklas Süle, das weiß vermutlich niemand mehr, aber Sie haben sogar noch mit Bastian Schweinsteiger auf dem Platz gestanden.“ Bastian Schweinsteiger – das wird dann so klingen wie heute Franz Beckenbauer oder Hans-Peter Briegel.

Vordergründig hat die deutsche Nationalmannschaft am Mittwoch in Mönchengladbach ihren ersten Test nach der EM mit 2:0 gewonnen, in Wirklichkeit aber ist im Borussia-Park ein großes Rührstück aufgeführt worden. „Man hat gesehen, dass es mich doch sehr berührt hat“, sagte Bastian Schweinsteiger. Erst hat er geweint, später gelächelt. Er wurde nach dem Schlusspfiff von Thomas Müller und Manuel Neuer auf den Schultern in die Fankurve getragen, ist anschließend von seinen Mitspielern in die Luft geworfen worden. So schwerelos hat man den 32-Jährigen lange nicht gesehen. Müller jedenfalls hatte „das Gefühl, er war schon mal leichter“.

 "Bei jedem Ballkontakt wurde geklatscht"

Ganz sicher ist das so. Bastian Schweinsteiger steht schon lange für eine gewisse Würde und Gravität. Würdevoll und gravitätisch waren auch die Worte, die ihm nach seinem 121. und letzten Länderspiel zugedacht wurden. „Es war der Abschied, den Bastian verdient hat“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. „Ohne ihn wären diese durchgängigen Erfolge bis zum WM-Titel nicht möglich gewesen.“ Ein großer Spieler sei er gewesen, ein großer Mensch, der die Mannschaft immer über sein eigenes Ich gestellt habe.

Vor dem Spiel hatte es leichte Irritationen gegeben, dass der äußere Rahmen mit einem gerade halbvollen Stadion eher peinlich wirken könne. Am Ende wurden es dann doch noch 30.000 Zuschauer. „Bei jedem Ballkontakt von Basti wurde von Herzen geklatscht“, sagte Thomas Müller. „War ein schöner Sommerabend."

 "Schade, dass er geht, wenn ich komme"

Es war ein Abend, der noch mal ganz im Zeichen der Vergangenheit stand – und trotzdem eine Menge Zukunft in sich trug. „Es geht schon ein Kapitel zu Ende“, sagte Müller. Aber möglicherweise hat auch ein neues begonnen. Fünf der vierzehn eingesetzten Feldspieler waren gerade mal 20 Jahre alt, und mit dem Hoffenheimer Niklas Süle feierte ein hochveranlagter Innenverteidiger sein Debüt. „Ich habe selber einen Kloß im Hals gehabt, als Basti die Tränen gekommen sind“, berichtete er später.

Der junge Mann war sich der historischen Bedeutung des Moments durchaus bewusst. Süle erinnert sich noch, wie es angefangen hat mit Schweinsteiger, „linkes Mittelfeld mit der Nummer sieben und gefärbten Haaren“. Da war Süle acht, jetzt stand er mit dem Held seiner Kindheit gemeinsam in einer Mannschaft. „Schade, dass er geht, wo ich komm'“, sagte er. „Aber so kann man ein erstes Spiel machen. Es war ein überragendes Gefühl, beim Abschied einer Legende dabei zu sein. Unvorstellbar.“

 "Wir haben sehr hoffnungsvolle Spieler"

Für Schweinsteiger kam Mitte der zweiten Halbzeit Julian Weigl aufs Feld, der schon bei der EM in Frankreich zum Kader gehört hatte, trotz Schweinsteigers körperlicher Defizite allerdings keine Minute hatte spielen dürfen. Weigl verfügt wie der scheidende Kapitän über ein präzises Passspiel, ist aber naturgemäß deutlich drahtiger und dynamischer. Auch die anderen Jungen – Niklas Süle, Max Meyer, Jonathan Tah und Julian Brandt – besitzen glänzende Perspektiven. „Wir haben einige sehr hoffnungsvolle Spieler“, sagte Bundestrainer Löw.

Niklas Süle wird zwar am Samstag nicht mit der Nationalmannschaft zum WM-Qualifikationsspiel gegen Norwegen fliegen, aber das war schon vorher so abgesprochen; der Leverkusener Kevin Volland hingegen hat sich gegen die Finnen die Mittelhand gebrochen und fällt erst einmal aus. Süle wird vermutlich bald wiederkommen dürfen, genau wie einige andere Spieler, die Löw schon auf dem Zettel hat. So war der Abend, an dem die Vergangenheit in Person von Bastian Schweinsteiger noch einmal gefeiert wurde, für den Bundestrainer schon „ein Blick in die Zukunft“. Es hat Joachim Löw gefallen, was er da zu sehen bekam: „Wir können uns auf die Zukunft freuen.“

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