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Sport: Abseits in Afrika

Winfried Schäfer trainiert Kameruns Fußballer – und fremdelt

Am Sonntagmittag wird Winfried Schäfer wieder im Anzug im Mannschaftsbus sitzen und keine Ahnung haben, warum „die Jungs da hinten so ein Theater machen“. Die Nationalspieler von Kamerun singen und klatschen nämlich immer, wenn sie in ein Fußballstadion fahren. Und Winfried Schäfer wird dann wieder vorne sitzen und über all das nur lachen können.

Seit etwas mehr als drei Jahren ist der Deutsche mit den langen weißblonden Haaren Trainer der Nationalmannschaft Kameruns. Als er damals zu den Vertragsverhandlungen flog, hat sein Sitznachbar im Flugzeug auf sein Armgelenk gezeigt und gesagt: „Nehmen Sie die in Kamerun lieber ab.“ Drei Jahre später sitzt Schäfer, 54, in einem Hotel in Tunesien und sagt: „Sie is’ noch da!“ Die Rolex.

Schäfer ist auch noch da, ist noch Trainer in Afrika. Kritiker verstehen allerdings nicht, warum das so ist. Mit den Spielern kann er nicht reden, weil sie Französisch sprechen und er selbst nur „ein paar Brocken Englisch“. Deshalb gibt sein Assistent die Kommandos. Schäfer nennt seine Spieler nicht beim Namen, sondern „der Fünfer“ und „der Achter“. Und auf die Frage, ob es in Nordafrika für eine Fußball-WM nicht zu heiß sei, antwortet Schäfer mit vollem Ernst: „Ich weiß nicht, ob es da im Sommer warm ist.“ Spätestens da merkt jeder Beobachter, dass der Mann nicht viel mit Afrika zu tun hat. Er wohnt in Ettlingen. Bei Karlsruhe.

Vor einigen Wochen machte eine Meldung die Runde, nach der Schäfer seinen Vertrag in Kamerun bis 2006 verlängert habe. Ganz so sei es nicht, hat Schäfer jetzt eingeräumt, „der Vertrag ist leider nicht unterschrieben“. Vielleicht hat sich das Thema sowieso bald erledigt. Heute spielt Kamerun im Viertelfinale des Afrika-Cups in Tunesien gegen einen der Favoriten: Nigeria (14 Uhr, Eurosport).

Es sind ja nicht nur die Namen seiner Spieler, die er nicht kennt, und die Kommandos, die er nicht gibt. Er erzählt viel lieber von den 44 chaotischen Stunden im Flugzeug zur Weltmeisterschaft nach Asien. Oder vom Essen in Mali. „Da lag das Fleisch auf dem Boden, überall Fliegen, widerlich.“ Aber, sagte Schäfer, „das ist nun mal Afrika“. Sonderlich ernst scheint er seine Arbeit nicht zu nehmen. Ist halt Afrika. Das sagte er auch, als nach dem Spiel gegen Algerien ein großer, schwarzer Mann in die Kabine kam und einfach mit seinen Spielern redete. „Das war ein König aus Kamerun. Kommt öfter vor.“ Es soll auch öfters vorkommen, dass Politiker Einfluss nehmen auf seine Aufstellung, was Schäfer allerdings dementiert.

Es gibt in der Branche die These, nach der nur gescheiterte europäische Trainer in Afrika arbeiten, nie die erfolgreichen. Also, Herr Schäfer, glauben Sie, dass Sie noch einmal für einen deutschen Erstligisten arbeiten dürfen? „Oje, das ich weiß nicht“, sagt Schäfer. Ist halt Europa.

André Görke

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