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DFB

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Absprachen im Fußball: Konkurrenten unter sich

Nach der Durchsuchung durch das Bundeskartellamt muss geklärt werden, ob DFB und DFL Wettbewerber sind oder nicht.

Am Mittwoch herrschte immer noch Aufregung in der Otto-Fleck- Schneise 6. „Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, empörte sich Theo Zwanziger. In der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Frankfurt am Main hatten am Vortag Kriminalbeamte und Fahnder des Bundeskartellamtes eine Durchsuchung vorgenommen. Dabei waren sie in den Büros des DFB und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) dem Verdacht auf „wettbewerbsbeschränkende Absprachen“ nachgegangen und hatten Unterlagen beschlagnahmt. Nun suchen DFB und DFL nach Auswegen, um drohende Bußgelder in Millionenhöhe abzuwenden und gegen die Aktion der Behörde vorzugehen. „Der DFB hält sich an die Gesetze“, sagte Zwanziger dem Tagesspiegel. „Das muss allerdings das Kartellamt auch tun. Wir werden das nun zu prüfen haben.“

Wie berichtet, erkennt das Kartellamt im Austausch zwischen DFB und DFL über Sponsoringfragen eine Beschränkung des Wettbewerbs. Eine vor einem Jahr eingerichtete gemeinsame Arbeitsgruppe gilt offenbar als sogenanntes Kartellvehikel. Damit sind Unternehmen gemeint, die gegründet werden, um Kartelle zu organisieren und den Wettbewerb auszuschalten. Die Arbeitsgruppe tagt nur unregelmäßig und hat laut Zwanziger „gar nichts zu entscheiden“. Nach Angaben aus Verbandskreisen soll das Gremium eigentlich abklären, wie Nationalspieler gleichzeitig für die Werbepartner des DFB und für die ihres Vereins werben können. Allerdings hatte Zwanziger im April 2007 gesagt, die Arbeitsgruppe solle verhindern, „dass sich DFB und Liga auf dem Sponsorenmarkt ins Gehege kommen“. Der DFB spricht inzwischen lediglich von internen Abstimmungen.

Verband und Kartellamt zeigten sich auch am Mittwoch ihrer Sache sicher. Die DFL wollte sich weiterhin inhaltlich nicht äußern; sie hat es derzeit auch wegen der Zentralvermarktung der Bundesliga und ihrer angestrebten gemeinsamen Fernsehfirma mit der Kirch-Tochter Sirius mit dem Kartellamt zu tun. Im aktuellen Fall geht es um etwas anderes, um die Frage: Handelt es sich tatsächlich um „wettbewerbsbeschränkende Absprachen“ zwischen DFB und DFL? Beispiel Sponsor RWE: Vor einem Jahr hatte Wolfgang Holzhäuser, Bayer Leverkusens Geschäftsführer und damals vorübergehend DFL-Präsident, kritisiert, dass der DFB mit Leverkusens damaligem Hauptsponsor über ein Engagement bei der Junioren-Nationalmannschaft verhandele und so dem Klub Konkurrenz mache. Der DFB brach die Gespräche mit RWE ab und gründete die Arbeitsgruppe Sponsoring. Hierin könnte das Kartellamt einen Verstoß gegen den Wettbewerb sehen. Doch schon die Frage, ob der DFB als Verband mit RWE verhandelt hat, ist offen. Vermittler zwischen DFB und Unternehmen war damals der ehemalige Nationalspieler und Bundesliga-Manager Rolf Rüssmann. „Ich habe damals nicht im Auftrag des DFB gehandelt, sondern als Privatperson“, sagte Rüssmann dem Tagesspiegel. „Ich finde die Vorwürfe deshalb lächerlich hoch fünf.“

Sollte das Kartellamt einschränkende Absprachen beweisen können, rückt ein anderer, wesentlicher Streitpunkt in den Mittelpunkt: Sind DFB und DFL im Sinne des Kartellrechts tatsächlich zwei eigenständige und mithin konkurrierende Unternehmungen? „Juristisch gesehen ist das so“, sagte Kartellamts-Sprecherin Silke Kaul. „Sie haben miteinander zu konkurrieren, wir haben darüber zu wachen.“ Nicht alle folgen dieser Auffassung.

„Die DFL ist eine mitgliedschaftliche Organisation des DFB“, sagte Zwanziger, der Jurist ist. „Der Grundlagenvertrag zwischen DFB und DFL ist so etwas wie ein Pachtvertrag.“ Im September 2000 war auf dem Bundestag des DFB der Ligaverband (Liga-Fußballverband e.V.) gegründet worden, sein operatives Geschäft führt die Deutsche Fußball-Liga GmbH. Der Ligaverband ist laut Satzung der DFL der „Zusammenschluss der lizensierten Vereine und Kapitalgesellschaften der Fußball-Lizenzligen Bundesliga und Zweite Bundesliga“. Der Ligaverband hat demnach die Aufgabe, juristisch und wirtschaftlich selbständig den Betrieb, die Vermarktung und die Verwaltung der ihm vom DFB exklusiv überlassenen Vereinseinrichtung „Bundesliga“ durchzuführen. Demnach bildet die Liga als autonomer Verband der Profiklubs eine eigene juristische Einheit. Allerdings eine unter dem Dach des DFB. Denn der Ligaverband ist wie jeder Landes- und Regionalverband ordentliches Mitglied des DFB (Satzung des DFB; Paragraf 7).

Unabhängig vom Ausgang der Untersuchung, die sich noch viele Wochen hinziehen dürfte, ist wohl klar: Der deutsche Fußball muss sich intensiver als bislang mit kartellrechtlichen Fragen beschäftigen. DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach hielt auch am Mittwoch an dem Vorhaben fest, eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu prüfen. Die ist allerdings gegen eine Behörde wie das Bundeskartellamt gar nicht möglich. Kartellamts-Sprecherin Silke Kaul demonstrierte Gelassenheit: „Wir sehen das sportlich.“ Theo Zwanziger bezeichnete diese Bemerkung als „unverantwortliche Frechheit“.

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