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Hertha BSC - VfL Wolfsburg

© dpa

Abstiegskampf: Hertha verliert sich

Nach der zehnten Niederlage im 12. Spiel besteht bei Hertha immer weniger Hoffnung auf eine Wende zum Besseren. Die Führung des Bundesligisten predigt Optimismus, doch der basiert auf Fehleinschätzungen hinsichtlich der Teamstärke.

Berlin - Drüben auf der anderen Seite des Olympiaparkgeländes, dort, wo der Sauerland-Stall sein Zuhause hat, haben sie mittlerweile verdaut, dass ihr riesenhafter Boxer Nikolai Walujew am Wochenende seinen Weltmeistertitel verloren hat. Ihr Mann war zwar der längste und schwerste Weltmeister aller Zeiten, aber ganz sicher auch der langsamste und limitierteste.

In gewisser Weise trifft auf Hertha BSC ganz Ähnliches zu. Der Fußball-Klub, der in der Vorsaison ein paar Male ganz oben in der Tabelle stand, ist in zwölf Spielrunden auf die Bretter geschickt worden. Das 0:1 am Sonntag gegen den 1. FC Köln kommt einem schweren Knockout gleich. „Wir liegen bildlich gesehen am Boden, aber wir werden wieder aufstehen, davon bin ich fester denn je überzeugt“, sagte Friedhelm Funkel. Was soll er auch sagen, der Trainer des abgeschlagenen Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga? In der Tat ist das, was die Mannschaft gegen Köln zeigte, nicht mehr so kümmerlich wie noch gegen Freiburg oder Nürnberg. Doch das Ergebnis bleibt das gleiche und das spricht gegen die Berliner. Hertha ist seit elf Spieltagen ohne Sieg, Hertha hat die letzten fünf Heimspiele nicht mehr gewonnen, Hertha hat die schlechteste Abwehr und den schwächsten Sturm. Mit einer solchen Bilanz nach zwölf Spielen ist es bisher noch keinem Team gelungen, die Bundesliga zu halten.

Nein, Hertha hat sich inzwischen richtiggehend abgesetzt vom Rest der Liga. Der Verfall des Vierten der Vorsaison geht unaufhaltsam weiter. Und bei den ausstehenden Gegnern bis zur Winterpause steht zu befürchten, dass sich das auch nicht mehr grundsätzlich ändern wird bis zum Ende der Hinserie. Die kommenden Gegner heißen: Stuttgart, Frankfurt, Schalke 04, Leverkusen und FC Bayern. Hört sich nicht gut an.

„Wir werden jetzt nicht die Arbeit einstellen und wir werden auch nicht die Mannschaft vom Spielbetrieb abmelden“, sagte Michael Preetz. Erklärungen hat Herthas Manager keine. Während ein Großteil der Fans des Klubs einen auffällig gleichmütigen Umgang mit den vielen Niederlagen gefunden zu haben scheint, der auf einem Realitätssinn fußt, so darf man sich bei den Hertha-Verantwortlichen da nicht so sicher sein. Am Tag nach der peinlichen Niederlage gegen ein Team, das gar nicht gewinnen wollte, wurde eine schwache Leistung des Schiedsrichters herangezogen und auf das viele Pech verwiesen, das die eigene Mannschaft zu verfolgen scheint. „Ich werde es nicht zulassen, dass man den Spielern das Bemühen abspricht“, sagte Preetz. Nur wollte das auch niemand, was die Sache viel schlimmer, weil aussichtsloser macht. Es liegt nicht am Bemühen, es liegt an fehlender Qualität.

Was Preetz und Funkel und Präsident Gegenbauer („Wir haben eine temporäre sportliche Delle“) in den vergangenen Tagen von sich gaben, hat etwas Beschwörerisches. „Wir müssen den nächsten Versuch starten. Wenn wir so arbeiten, werden wir belohnt werden“, sagte Funkel. Und Preetz: „Wir werden da noch Punkte holen, wo es keiner für möglich hält.“

Der Optimismus der Hertha-Führung ist taktischer Natur, basiert aber auf Fehleinschätzungen, zu denen man zu Zeiten kam, als die Spiele oft Hertha als Sieger sahen und selbst die Spieler nicht so genau wussten, warum. Hertha hat sich blenden lassen von vielen knappen Siegen der Vorsaison.Weil es aber schon damals ganz offensichtlich nicht an der fußballerischen Qualität gelegen haben konnte, führte mancher das auf eine intelligente Spielweise unter dem Taktiktüftler Favre zurück, was oft an Selbstüberschätzung grenzte und den Klub kollektiv in einen gewaltigen Irrglauben versetzte.

Das ist nur ein, aber wesentlicher Unterschied zu den Nachbarn draußen am Olympiastadion. Im Sauerland-Gym hat niemand je behauptet, dass Walujew ein großer Boxer sei.

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