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Hertha BSC - 1. FC Nürnberg

© dpa

Abstiegskampf: Herthas geraubte Hoffnung

Nach dem 1:2 gegen dem Mitabstiegskandidaten 1. FC Nürnberg verschlechtert sich Herthas Lage bis zur Aussichtslosigkeit.

Als der Abpfiff ertönte, war es Zeit loszulassen. Michael Preetz rollten die Tränen übers Gesicht. Für ihn, den Manager von Hertha BSC, muss es so gewesen sein, als tue sich ein tiefer Abgrund auf. 14 Jahre ist er im Verein, er ist mit ihm vor 13 Jahren als Sturmführer aufgestiegen, war später Kapitän und hat Dieter Hoeneß assistiert, und jetzt, in seiner ersten Spielzeit als Manager, droht der Untergang. Einen Untergang, der auch mit dem Namen Preetz verbunden bleiben wird. 1:2 (1:0) hieß es im Olympiastadion vor 57 761 Zuschauern gegen den 1. FC Nürnberg, einen Konkurrenten im Abstiegskampf. Hertha und Preetz haben schon viele Spiele verloren in dieser Saison, weshalb der Klub ja auch historisch lange am Tabellenende klebt. Doch seit gestern ist die Situation noch ein wenig schlechter. Man könnte auch sagen, sie ist aussichtslos geworden. Diese Niederlage raubt Hertha die allerletzte Hoffnung.

Dabei hatte der Berliner Bundesligist nichts so dringend gebraucht wie einen Heimsieg. Zuletzt war den Berlinern das Anfang August des vorigen Jahres gelungen, was ja wesentlich ist für die Kalamitäten, in denen Hertha seit Monaten steckt. Doch das gestrige Spiel ließ sich anders an als zuletzt. Es hatte zunächst schon deshalb so wenig mit der bisher gespielten Saison zu tun, weil Hertha sich so viele erstklassige Torchancen erspielen konnte wie in der kompletten Rückrunde nicht. Innerhalb der ersten zwanzig Minuten hatte Hertha vier hundertprozentige Torchancen, die allesamt nicht genutzt wurden. „In der ersten Halbzeit haben wir kein Mittel gefunden, sie zu stoppen“, sagte hinterher der Nürnberger Trainer Dieter Hecking über die Gastgeber. Sein Berliner Pendant, Friedhelm Funkel, ergänzte unfreiwillig: „Wenn man die hochkarätigen Chancen nicht nutzt, hat das auch mit Unvermögen zu tun.“

Nach zehn Minuten hätte Raffael die Berliner in Führung bringen können, doch der Nürnberger Maroh klärte auf der Torlinie. Nur fünf Minuten später nutzte Theofanis Gekas das Gewusel im Nürnberger Strafraum, um sich in Position zu bringen. Der Drehschuss des Griechen klatschte an den Pfosten. Die Berliner Fans waren nicht böse, sie spürten, dass sich wohl noch ein paar Chancen ergeben würden. Und so kam es auch.

Nach einer guten Viertelstunde scheiterte Cicero am sehr guten Raphael Schäfer. Weitere vier Minuten später lenkte der Nürnberger Torhüter einen Kopfball von Raffael an die Latte. Doch die Berliner gaben nicht auf. Sie blieben weiterhin das aktivere und zielstrebigere Team. Nur einmal in der ersten Halbzeit, nach 25 Minuten, hatte Nürnberg eine Torchance. Ilkay Gündogan brachte das Kunststück fertig, den Ball aus fünf Metern neben das leere Tor zu setzen. Doch auch von diesem Gegenstoß ließen sich die Berliner nicht beirren. Wenige Minuten vor dem Halbzeitpfiff war es dann soweit. Nach einer Ecke verfing sich ein Querschläger von Lukasz Piszczek im Strafraum, Adrian Ramos bediente Cicero, der Brasilianer schoss Schäfer an, doch der Ball landete Gekas vor den Füßen, der den Ball irgendwie über die Torlinie drückte. Es war eine ebenso überfällige wie verdiente Führung.

Herthas Trainer Friedhelm Funkel dürfte der Auftritt seiner Mannschaft in der ersten Halbzeit gefallen haben. Selten hat die Mannschaft so entschlossen von der ersten Minute an gekämpft. Oft war bemängelt worden, dass das Team erst in der zweiten Halbzeit aufwache. Dieses Mal aber war die Mannschaft um Kapitän Arne Friedrich vom Anpfiff weg sofort da. Doch offenbar entscheiden oft die ersten Spielhälften über Hertha. Entweder die Berliner verschlafen sie, oder, wie gestern, sie lassen beste Chancen aus. Die offensive Spielweise der Berliner kostet Kraft und birgt ein gewisses Risiko.

Nach gut einer Stunde konnten die Nürnberger Herthas Führung egalisieren. Nach einer Ecke von Marcel Risse köpfte Albert Bunjaku zum 1:1 ein. Sowohl Friedrich als auch Torwart Jaroslav Drobny machten dabei keine gute Figur. Für Bunjaku war es das zwölfte Saisontor. Anschließend vergab der eingewechselte Mike Frantz eine gute Chance, Bunjaku traf nach einem Konter nur den Pfosten.

Den Berlinern war der eine Punkt zu wenig, der Club wiederum merkte, dass mehr drin war. Zehn Minuten vor dem Ende landete ein Kopfball des eingewechselten Artur Wichniarek über dem Tor der Nürnberger, auf der Gegenseite scheiterte Angelos Charisteas völlig freistehend. Der Nürnberger Grieche machte es aber in der Nachspielzeit besser und erzielte unbedrängt das 2:1 für den Club.

„Das ist ganz bitter für uns. Damit muss man erst einmal umgehen“, sagte Funkel und verzog sich. Etwas präziser wurde hingegen Michael Preetz. „Es waren mal zwei Punkte zum Relegationsplatz, jetzt sind es wieder acht“, sagte der 42-Jährige. Wieder musste er mit den Tränen ringen. Auf die Frage, ob es das jetzt war für Berliner, antwortete er: „Es braucht jetzt ein blau- weißes Wunder.“ Den Glauben an dieses Wunder haben die meisten gestern wohl verloren.

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