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Haltung bewahren. Friedhelm Funkel trifft heute mit Hertha auf Frankfurt. Fünf Jahre hat er die Eintracht trainiert, ein komisches Gefühl sei es, zurückzukehren, sagt Funkel.

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Abstiegskampf: Herthas Schicksal Frankfurt

Gegen die Eintracht begann für Hertha vor drei Jahren das Projekt Moderne. Heute geht es für den Klub um die letzte Chance – wieder einmal.

Berlin - Friedhelm Funkel hat schon vor Wochen auf Energiesparmodus umgeschaltet. Höchste Erregung gibt es nicht mehr, bei öffentlichen Auftritten spielt er den Gemäßigten, alles ist ihm derzeit irgendwie gleich aufregend. Das war in dieser Woche nicht anders, dabei hätte Funkel allen Grund gehabt, emotional angefasst zu sein: Heute tritt er mit seinem aktuellen Arbeitgeber, mit Hertha BSC, bei dem Verein an, den er bis zum vergangenen Sommer trainiert hat, fünf Jahre insgesamt; bei dem Verein, den er aus der Zweiten Liga zurück in die Erstklassigkeit geführt und dort entscheidend stabilisiert hat. „Ein komisches Gefühl“ sei das, hat Funkel immerhin vor dem Auswärtsspiel der Berliner bei der Frankfurter Eintracht gesagt. „Das ist ja meine Mannschaft.“

Dass sich Herthas Trainer selbst vor seiner Rückkehr nach Frankfurt am Main große Gefühle untersagt, ist vermutlich eine Art Selbstschutz: Es liegt in der Natur der Sache, dass Hertha jetzt jede Woche ein bedeutendes, wegweisendes, entscheidendes Spiel hat. Wenn man den Hype als Beteiligter mitmachte, müsste man ja verrückt werden. Jedes Spiel, das kommt, ist bedeutender, wegweisender, entscheidender als das, das gerade gespielt ist. Das gilt auch für die Begegnung heute.

Dem Papier nach ist es von den noch vier ausstehenden Spielen das einfachste für die Berliner. Nach der Eintracht bekommt es der Tabellenletzte noch mit den ersten drei der Fußball-Bundesliga zu tun, mit Schalke, Leverkusen und den Bayern. Angesichts des Restprogramms hofft Manager Michael Preetz, dass das Team „schon vor dem 33. Spieltag über die Ziellinie springt“. Bei fünf Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz vor dem 31. Spieltag hieße das: Hertha müsste in Frankfurt und gegen Schalke gewinnen.

Das Spiel in Frankfurt ist Herthas letzte Chance. Verliert die Mannschaft, könnte bei ungünstigem Verlauf schon in einer Woche der Abstieg rechnerisch besiegelt sein. Doch zumindest die Statistik haben die Berliner auf ihrer Seite. Auswärts waren sie zuletzt deutlich erfolgreicher als im eigenen Stadion. Alle vier Siege in der Rückrunde feierten sie auf fremden Platz, und nach dem Gesetz der Serie müsste es nach dem Rückschlag der vergangenen Woche jetzt wieder einen Erfolg geben.

Nirgendwo haben die Berliner häufiger gewonnen als in Frankfurt am Main. Bei ihrem letzten Auftritt, im Sommer 2008, siegten sie 2:0. Es war wie schon im Jahr zuvor das erste Saisonspiel, und es war, was damals niemand ahnte, der Auftakt für ein höchst erfolgreiches Jahr, das für Hertha beinahe mit der deutschen Meisterschaft zu Ende gegangen wäre. Der Trainer hieß Lucien Favre, er hatte seine erste Spielzeit bei den Berliner gerade hinter sich, und die von ihm geplanten Fortschritte waren bis dahin erst in Ansätzen zu erkennen. Das sollte sich bald ändern.

Favre, der Tüftler aus der Schweiz, war angetreten, um Hertha in die Moderne führen, und sein Projekt begann im August 2007 ebenfalls in Frankfurt. Hertha verlor 0:1. „Wir haben noch sehr viel Arbeit“, sagte Favre nach seinem Bundesligadebüt, in dem von der Umsetzung seiner fußballerischen Vorstellungen wenig zu sehen war. „Aber es ist gut, viel Arbeit zu haben.“ Die Frankfurter Eintracht war es dann auch, die Favres Projekt schon früh zum Scheitern hätte bringen können. Im Rückspiel in Berlin siegte sie durch drei Tore von Martin Fenin 3:0. Hertha fiel auf Platz 13 zurück, hatte nur noch fünf Punkte Rückstand auf die Abstiegszone. „Wir sind im Abstiegskampf“, sagte Favre nach der Niederlage. Nur mit viel Mühe konnte ihm der damalige Manager Dieter Hoeneß diese Ansicht wieder ausreden.

Heute wären die Berliner froh, wenn sie die Probleme von damals hätten. Es geht längst nicht mehr um schönen Fußball, es geht nur noch um die sportliche Existenz. Favre musste im September gehen, sein Nachfolger Friedhelm Funkel gilt nicht unbedingt als Anhänger der Moderne, aber er soll Hertha wenigstens eine Gegenwart sichern. Im Januar 2008 war Funkel noch Trainer der Frankfurter. Ihr 3:0 ist bis heute der letzte Sieg, den Funkel im Olympiastadion feiern konnte.

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