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Zurück im Spiel. Sebastian Langkamp hatte nach seiner langen Verletzung eine schwere Zeit bei Hertha BSC. Am Freitagabend erzielte der Innenverteidiger sein erstes Pflichtspieltor für den Berliner Bundesligisten.

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Abstiegskampf in der Bundesliga: Die Luft für Hertha BSC wird dicker

Durch das 1:0 beim Hamburger SV hat Hertha BSC erstmals seit Monaten vier Punkte Vorsprung im Abstiegskampf - auch, weil sich das Training von Standardsituationen gegen den HSV bezahlt machte.

Im Präsidentenamt gehört es zu den angenehmen Verpflichtungen, primär repräsentative Aufgaben zu erledigen. Werner Gegenbauer, amtierender Vorsitzender bei Hertha BSC, ist zumindest an Spieltagen kein großer Anhänger dieses Brauchtums. Da verschwindet Gegenbauer nach dem Abpfiff oft schnell in den weitläufigen Katakomben des Olympiastadions oder der jeweiligen Auswärts-Arena. Am Freitagabend in Hamburg war das ausnahmsweise anders.

Nach dem 1:0-Sieg seines Klubs beim HSV offenbarte Gegenbauer ungeahnte Qualitäten im repräsentativen Feiern. Während der Mannschaftsbus von Angestellten des Bundesligisten mit Sporttaschen beladen wurde, stand der Präsident vor der Arena, paffte eine Zigarre und blies den dicken Qualm hinein in die Hamburger Nacht. Siegerzigarre? Gegenbauer nickte zustimmend und lächelte zufrieden. Die Szene taugte durchaus als Sinnbild für die neue Situation der Berliner nach der ersten Partie des 26. Bundesliga-Spieltags. Wenn selbst der Präsident zur fat lady greift, was soll da noch schiefgehen?

Hertha BSC hat erstmals seit Monaten vier Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz

Zum ersten Mal seit Wochen hat sich Hertha BSC nicht nur emotional, sondern auch tabellarisch ein bisschen Luft verschafft im Abstiegskampf. „Es war ein Spiel, in dem beide Mannschaften enorm unter Druck standen, die Hamburger noch ein bisschen mehr als wir“, sagte Herthas Trainer Pal Dardai, „jetzt ist das erst recht so“. Selbst nach den Begegnungen am Samstag, in denen die Konkurrenz fast ausnahmslos punktete, betrug der Vorsprung der Berliner auf den Relegationsplatz vier Punkte und damit so viel wie seit Wochen und Monaten nicht mehr. „Das war ein großer Schritt, dieser Sieg gegen einen Mitkonkurrenten“, sagte Sebastian Langkamp. „Wir konnten den Abstand nicht nur halten, sondern ausbauen“, ergänzte der Siegtorschütze. Auch Kapitän Lustenberger befand beim Auslaufen am nächsten Morgen, dass die Mannschaft in der bevorstehenden Länderspielpause „mal kurz durchschnaufen“ könne.

Hertha holte aus den letzten vier Spiele acht von zwölf möglichen Punkten

Diese Gelegenheit hatte sich Hertha im bisherigen Saisonverlauf gleich mehrfach geboten, und immer wieder waren die Berliner grandios an der Aufgabe gescheitert. Zum Beispiel in der Woche Ende Oktober vergangenen Jahres, einer Woche zum Vergessen: Mit dem Pokalaus bei Drittligist Bielefeld und der Niederlage in Paderborn vier Tage später hatte der ganze Abstiegsschlamassel ja irgendwie begonnen. Oder Mitte Februar beim Heimdebüt des damals frisch installierten neuen Trainers Pal Dardai, als der Anschluss ans Mittelfeld winkte und Hertha dem damaligen Tabellenletzten Freiburg unterlag (0:2). Mittlerweile ist Hertha seit vier Spielen unbesiegt und hat in dieser Zeit sowohl drei Mal zu null gespielt als auch acht von zwölf möglichen Punkten geholt. „Von Spiel zu Spiel werden die Abläufe besser, und das Selbstvertrauen spielt auch eine Rolle“, sagt Sebastian Langkamp.

Innenverteidiger Sebastian Langkamp mit seinem ersten Tor für Hertha BSC

Dass der 27 Jahre alte Innenverteidiger das Tor des Tages erzielte, passte auch irgendwie ins Bild der wiedergenesenen Berliner Mannschaft. Auch Langkamp hatte ja fast die komplette Hinrunde mit einer schweren Verletzung verpasst, war im zweiten Spiel nach seiner Rückkehr in Leverkusen gleich mit Gelb-Rot vom Platz geflogen und hatte anschließend wieder seinen Platz verloren. „Es ist schön das Gefühl zu haben, der Mannschaft helfen zu können“, sagte Langkamp nun nach seinem ersten Pflichtspieltreffer im Berliner Trikot. Dafür hat Langkamp insgesamt 37 Einsätze gebraucht. Zum Vergleich: Auf seiner vorherigen Station in Augsburg erzielte Langkamp in 37 Spielen vier Treffer. „Deswegen haben wir ihn hier schon aufgezogen“, berichtete Kapitän Fabian Lustenberger.

Insofern überraschte es nicht, dass die Entstehung des siegbringenden Tores alles andere als Zufall war. „Wenn man mit einem Standard gewinnt, kann man zwar immer sagen, dass es glücklich war“, sagte Trainer Pal Dardai, „aber genau das war es nicht.“ Seit Dardais Amtsantritt im Februar hatten seine Assistenten, im Speziellen Co-Trainer Rainer Widmayer, immer und immer wieder Varianten für ruhende Bälle einstudiert. „Jeden Donnerstag, 40 Minuten extra, sechs Wochen lang“, sagte Dardai und klang dabei leicht genervt. „Heute“, ergänzte der Ungar schließlich mit einem Lächeln, „heute war das Tor dann endlich da.“

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