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Große Zeiten. Stefan Schnoor (r., hier bei einem Benefizkick mit Luis Figo) spielte für den HSV und Wolfsburg.

© Christians/dpa

Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga: Stefan Schnoor setzt auf Hamburg

Der aktuelle Sportdirektor des VfB Lübeck spielte für den HSV und den VfL Wolfsburg. Er glaubt, die Fehler beider Klubs zu kennen.

Stefan Schnoor lacht ins Telefon, dankbare Einstiegsfrage. „Da muss ich nicht groß überlegen“, sagt der 47-Jährige, „natürlich drücke ich eher dem HSV die Daumen.“ Beim abstiegsgefährdeten Gründungsmitglied der Fußball-Bundesliga hat der junge Stefan Schnoor seine ersten Schritte als Fußball-Profi machen dürfen, damals kurz vor der politischen Wende in Deutschland und ein paar Jahre nach dem Gewinn des Europapokals der Landesmeister, dem Vorläufer der heutigen Champions League. Für die jüngeren und ganz jungen Leser dieser Zeitung: Der Hamburger SV war seinerzeit eine ziemlich große Nummer, kein Witz.

Lange, lange her ist das. „Aber so etwas vergisst man natürlich nicht, die Beziehung zu Hamburg und zum HSV wird immer größer sein als zu anderen Städten und Vereinen“, sagt Schnoor, der mittlerweile als Sportdirektor beim Regionalligisten VfB Lübeck arbeitet. Trotzdem wird der frühere Profi an diesem vorletzten Spieltag der Saison 2017/18 zumindest mit einem halben und nicht weniger interessierten Auge nach Leipzig schauen. Dort gastiert der Verein, für den Schnoor in seiner fast 20-jährigen Profikarriere am zweitlängsten aktiv war, logischerweise nach dem HSV: der VfL Wolfsburg.

Wenn es im Fernduell um den Klassenerhalt nicht noch mit dem Teufel zugeht, wird es einen dieser beiden potenten Klubs treffen, die vom Selbstverständnis, von ihrer Geschichte oder ihren Möglichkeiten eigentlich in ganz andere Tabellenregionen gehören. Bei einer Niederlage des HSV in Frankfurt und einem Sieg der Wolfsburger in Leipzig könnten die Hamburger schon am Samstag absteigen.

Nicht mal die Busfahrt klappt störungsfrei

„Wenn ich sehe, was beim HSV und beim VfL passiert ist und gerade passiert, macht mich das traurig und nachdenklich“, sagt Schnoor, „ich finde das wirklich sehr, sehr schade.“ Dass sich beide Klubs nicht zum ersten Mal im Abstiegskampf begegnen, sondern Stammgäste dieser mit fragwürdigem Ruhm behafteten Veranstaltung sind, macht die Sache für Schnoor nicht erträglicher. „Beide Vereine haben in ihren Personalentscheidungen so oft danebengegriffen, haben Schöngeister geholt und keine Typen“, sagt der ehemalige Abwehrspieler. „Und in Wolfsburg, einer Arbeiterstadt, haben sie sich völlig von dem entfernt, was die Mannschaft ausgezeichnet und stark gemacht hat: Mentalität und Charakter.“

Mittlerweile herrscht helle Aufregung in der Autostadt; Trainer Bruno Labbadia hat vor den letzten Pflichtaufgaben der Saison ein kurzfristiges Trainingslager im thüringischen Teistungen anberaumt, „um die Köpfe der Spieler freizukriegen“, wie es hieß. Doch selbst dabei ging einiges schief: Nach NDR-Informationen rollte der Mannschaftsbus beim Einparken am Hotel so unglücklich über einen Kantstein, dass Teile der Verkleidung abfielen. Wenn die so spielen, wie sie Busfahren, steigen sie ab, frotzelten Bauarbeiter, die die Szene beobachteten. So weit zum Zustand des VfL Wolfsburg im Frühjahr 2018: der Deutsche Meister von 2009 und DFB-Pokalsieger von 2015 ist zu einer Lachnummer verkommen und macht dem HSV Konkurrenz.

Schnoor ist dennoch optimistisch, dass es die Hamburger schaffen und die Deinstallation der Stadion-Uhr bis auf Weiteres verschieben können. „Das Momentum spricht klar gegen Wolfsburg und für den HSV, die fahren garantiert selbstbewusst nach Frankfurt“, sagt Schnoor. „Aber man darf nicht vergessen: Freiburg und Mainz sind auch noch nicht durch. Ich glaube, dass es bis zum letzten Spieltag spannend bleibt.“

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