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Sport: Absturz von ganz oben

Gummersbach war lange eine Handball-Macht – jetzt kämpft der heutige Gegner der Füchse ums Überleben

Berlin - Am Boden, im freien Fall, vor dem Untergang – den VfL Gummersbach begleiten in diesen Tagen einige harte Attribute. Dabei war der Traditionsverein aus dem Bergischen Land einst das Gesicht des deutschen Handballs. Auch in den zurückliegenden zwei Jahren gelangen dem Team von Trainer Sead Hasanefendic mit den beiden Finalsiegen im Europapokal der Pokalsieger zwei bemerkenswerte internationale Erfolge. Doch das alles ist aktuell nur noch von geringem Interesse, wenn die Füchse heute um 20.15 Uhr in der Eugen-Haas-Halle zu ihrem achten Saisonspiel in der Bundesliga antreten. „Wir dürfen den VfL auf keinen Fall unterschätzen, in der Mannschaft steckt mehr“, sagt zwar Füchse-Trainer Dagur Sigurdsson – die reinen Zahlen allerdings drücken schon einen Klasseunterschied aus. Zehn Punkte und 58 Tore trennen den Tabellenzweiten aus Berlin vom auf Rang 17 platzierten VfL, der sich ernsthaft mit dem Abstieg beschäftigen muss.

Wenn auch der krasse Absturz so nicht erwartet wurde, überraschend ist diese Entwicklung dann doch nicht eingetreten. Der mit zwölf Meistertiteln und 13 europäischen Trophäen nach außen hin glänzende Verein hat innen über Jahre hinweg an der Realität vorbeigelebt. Es ist kaum noch zählbar, wie oft die Gummersbacher knapp vor der Insolvenz standen und die Lizenz erst in letzter Sekunde doch noch bekamen. Das war vor dieser Saison nicht anders. Der übliche Kraftakt wurde allerdings mit dem Abgang von Leistungsträgern wie Goran Stojanovic und Drago Vukovic bezahlt, ohne adäquaten Ersatz. Dennoch sagt Geschäftsführer Axel Geerken: „Unsere Mannschaft ist absolut tauglich für die Bundesliga. Es gibt keine vernünftige Alternative zur finanziellen Sanierung.“

Es scheint auch vielmehr der mentale als der sportliche Bereich zu sein, der die Gummersbacher so weit hat abstürzen lassen. Wie zuletzt beim 25:40 gegen Lübbecke, als es nach einer Viertelstunde bereits 0:11 stand. Denn immer noch verfügt Hasanefendic auch in Zeiten leerer Kassen über Spieler, die auch in jeder Spitzenmannschaft bestehen könnten. „Wir haben mit Adrian Pfahl den besten Halbrechten Deutschlands, mit Vedran Zrnic den besten Rechtsaußen der zurückliegenden WM, den kommenden Kreisläufer der DHB-Auswahl Patrick Wiencek, außerdem gestandene Bundesligaspieler wie Christoph Schindler und Jörg Lützelberger“, erklärt Geerken auf der VfL-Homepage. „Wenn die ihre Leistung abrufen, können sich daran die jungen Spieler aufrichten. Anders geht es nicht.“ Der frühere Bundesligatorwart kritisiert insbesondere die Einstellung der Spieler: damit werde es selbst im Pokalspiel gegen Drittligist TuS Ferndorf schwer – „vom Spiel gegen die Füchse ganz zu schweigen“.

Man werde sich zusammensetzen und Mannschaft und Trainer an ihre Verpflichtung gegenüber dem Verein erinnern. Geerken unterstrich, dass der VfL unter sehr engen finanziellen Spielräumen den Markt nach neuen Spielern beobachte. „Schnellschüsse sind aber selten hilfreich und immer teuer“, sagt er.

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