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Sport: Ärger über verpaßte Torchancen verrauchte bald nach Spielschluß

OFFENBACH .Die Cleverneß eines Torjägers zeigt sich auch darin, daß er im entscheidenden Moment auch mal auf seine Instinkte vertraut.

Von Karsten Doneck, dpa

OFFENBACH .Die Cleverneß eines Torjägers zeigt sich auch darin, daß er im entscheidenden Moment auch mal auf seine Instinkte vertraut.Als aber am Bieberer Berg Harun Isa mit mächtigem Anlauf und mutterseelenallein auf den Strafraum des Kontrahenten zustrebte, da war bis unter das Tribünendach zu spüren, daß er die simple Fußball-Philosophie, wonach das Runde ins Eckige muß, für sich unnötig komplizierte.

Die Gedanken, die einem weniger abgebrühten Stürmer wie Isa in solchem Moment im Kopf herumschwirren, können vielfältig sein: Soll ich schießen? Wenn ja, mit Wucht oder eher gefühlvoll? Lieber flach oder hoch? Oder soll ich den Torwart austricksen? Oder doch besser einen Nebenmann anspielen? Harun Isa dachte nach, grübelte - und vergaß darüber völlig, das naheliegendste zu tun: den Ball ins Tor zu schießen.Drei glasklare Chancen versiebte er binnen einer Viertelstunde jeweils nach Alleingängen.Regionalligist Tennis Borussia blieb damit im Aufstiegsspiel bei Kickers Offenbach ein durchaus möglicher klarerer Erfolg versagt."Nur" mit 2:1 (2:1) siegten die Charlottenburger vor 15 000 Zuschauern am Bieberer Berg.Jetzt folgt für TeBe am Sonnabend im Mommsenstadion gegen die Sportfreunde Siegen das Endspiel um den Einzug in die Zweite Liga.Die Ausgangslage: Nur ein Sieg, egal in welcher Höhe, bringt die Borussen in den Profifußball.

"Vielleicht ist das Ergebnis ja ganz gut so", sinnierte Bruno Akrapovic, der TeBe-Kämpfer im Mittelfeld, nach den 90 spannenden Minuten von Offenbach, "denn jetzt wissen wir wenigstens, daß wir nicht auf unentschieden spielen können, sondern gegen Siegen volle Pulle gehen müssen." Die Siegener ihrerseits hatten zum Start in die Dreier-Aufstiegsrunde gegen Kickers Offenbach ein 4:0 vorgelegt und verfügen damit im Vergleich zu den punktgleichen Tennis Borussen über das bessere Torverhältnis.Ihnen reicht somit ein Unentschieden im Mommsenstadion.

TeBes Torverhältnis hätte in Offenbach allein Isa kräftig aufbessern können - sogar bis hinein in die Siegener "Vorgaben".Er war in der 36.Minute für den angeschlagenen Faruk Namdar eingewechselt worden.Unmittelbar nachdem Isa auch die dritte glasklare Chance vergeben hatte, platzte TeBe-Trainer Hermann Gerland der Kragen.Der Unglücksrabe mußte nach nur halbstündiger Arbeitszeit wieder auf der Bank Platz nehmen, für ihn kam Mike Lünsmann.Wie sehr Isa emotional "aufgeladen" war, zeigte sich nach seiner Auswechslung, als er auf Pöbeleien aus dem Publikum mit dem "Effenberg-Finger" reagierte."Sein Verhalten hinterher hat mir nicht gefallen.Da muß er sich bremsen", monierte Kuno Konrad, der TeBe-Präsident.Nicht allzu tragisch nahm die Mannschaft Isas Mißgeschicke."Er tut mir leid.Er hat einen rabenschwarzen Tag erwischt.Das kommt vor", meinte Akrapovic und appellierte an das große Gemeinsame: "Wir müssen ihm in dieser Woche alle helfen." Wie einfach Tore erzielt werden können, wurde Harun Isa von anderen vorgeführt.Zum 1:0 zirkelte der erneut überragende Francisco Copado einen Freistoß ins äußerste Eck (17.).Nur vier Minuten später erhöhte Faruk Namdar mit mächtigem Direktschuß auf 2:0.Die Vorlage kam, ohne jegliche Feindberührung, vom eigenen Torwart: Goran Curko hatte einen Freistoß, knapp vor seinem Strafraum, zu einer maßgerechten Vorlage für Namdar genutzt.Der Boden für ein Schützenfest schien auf dem holprigen Stadionrasen geebnet."Aber", so erkannte Curko ganz richtig, "wir haben leider nur 20 Minuten Fußball gespielt und dann 70 Minuten lang gekämpft." TeBe ließ sich nach der schnellen Führung in der Tat auf das eher unproduktive Kraft- und Kampfspiel der Offenbacher ein, anstatt die deutliche technische Überlegenheit weiter in die Waagschale zu werfen.Das 1:2 durch Grammingers wuchtigen Distanzschuß war die Quittung (37.).

Und als Copado sieben Minuten vor Schluß dem schlechten Beispiel Isas folgte und ebenfalls nach Alleingang an Kickers-Schlußmann Rohrbach scheiterte, konnte Hermann Gerland nur noch feststellen: "Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison, daß wir unsere Chancen nicht nutzen." Dennoch war der TeBe-Trainer nicht unzufrieden."Jetzt haben wir es gegen Siegen selbst in der Hand, zu Hause alles klarzumachen", sagte er.Und auch sein während der Partie immer wieder kurz aufflammender Zorn über die Fahrlässigkeit seiner Spieler im Umgang mit Torchancen verrauchte schon bald nach dem Schlußpfiff."Warum soll ich mich darüber ärgern?" hielt Gerland all jenen entgegen, die da meinten, in Offenbach hätte TeBe auch Siegens Torverhältnis wettmachen können, so daß den Borussen ihrerseits im entscheidenden Spiel am Sonnabend schon ein Remis zum Aufstieg gereicht hätte.Gerland kontert: "Ich will sowieso nie auf Unentschieden spielen, ich möchte immer gewinnen."

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