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Weiter im Fokus. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft lässt bei den ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger (rechts) und Wolfgang Niersbach nicht locker.

© dpa

Affäre um die WM 2006 in Deutschland: Zwanziger macht sich "keine Sorgen"

Nachspiel zum Sommermärchen? Ein Hauptverfahren gegen drei frühere DFB-Funktionäre ist noch nicht vom Tisch. Klarheit gibt es frühestens im nächsten Jahr.

Von Johannes Nedo

Die juristische Aufarbeitung der Sommermärchen-Affäre ist in Deutschland noch nicht beendet. Denn die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat Beschwerde dagegen eingelegt, dass gegen die drei ehemaligen Spitzenfunktionäre des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt, ein Hauptverfahren wegen Steuerhinterziehung vom Landgericht Frankfurt abgelehnt worden war. Nun wird das Oberlandesgericht Frankfurt über diese Beschwerde entscheiden, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft mit.

Zwanziger, Niersbach und Schmidt müssen also weiter ein Hauptverfahren in der Affäre um die Weltmeisterschaft 2006 fürchten. Wobei der frühere DFB-Präsident Zwanziger fest davon ausgeht, dass es nicht dazu kommen wird. „Es ist das gute Recht einer Staatsanwaltschaft, Rechtsmittel einzulegen. Das habe ich nicht zu kritisieren. Es bereitet mir auch keine Sorgen“, sagte der 73-Jährige dem Tagesspiegel.

„Ob es seitens der Staatsanwaltschaft aber klug ist, das zu tun, obwohl das Landgericht mit im Steuerrecht erfahrenen Richtern zu dem klaren Ergebnis gekommen ist, dass keine Steuerhinterziehung vorliegt, mag dahingestellt sein.“ Auch die Anwälte des ehemaligen DFB-Generalsekretärs Schmidt zeigten sich gegenüber dem Tagesspiegel sehr optimistisch, dass das Oberlandesgericht genauso entscheiden werde wie das Landgericht. Allerdings dürfte das dauern – mindestens bis zum Frühjahr 2019.

In der Anklage geht es vor allem um eine mysteriöse Zahlung vom DFB an den Fußball-Weltverband Fifa. Der Betrag ist mittlerweile berühmt-berüchtigt: 6,7 Millionen Euro. Diese Summe überwies der DFB 2005 an die Fifa und deklarierte ihn als Beitrag für die Eröffnungsgala der WM. Die Fifa leitete die 6,7 Millionen Euro jedoch umgehend an den früheren Adidas-Chef Robert-Louis Dreyfus weiter, der dem damaligen Chef des WM-Organisationskomitees (OK), einem gewissen Franz Beckenbauer, drei Jahre zuvor einen Privatkredit über eben jenen Betrag gewährt hatte.

Beckenbauer bleibt die zentrale Figur in der Affäre

Weil es bei der DFB-Überweisung hundertprozentig nicht um eine WM-Gala ging, die ja auch nie veranstaltet wurde, klagte die Staatsanwaltschaft die drei ehemaligen DFB-Verantwortlichen wegen Steuerhinterziehung an. Ihre Begründung: die Überweisung hätte nicht als Betriebsausgabe deklariert werden dürfen, da es in Wirklichkeit eine Entlohnung Beckenbauers für seine Arbeit im OK war. Demnach sei die Steuererklärung falsch gewesen – und der DFB hätte fast 14 Millionen Euro Steuern mehr zahlen müssen.

Nur über diesen Vorwurf musste das Landgericht Frankfurt befinden. Und es entschied: eine Entlohnung Beckenbauers sei ebenfalls eine Betriebsausgabe. Somit liege keine Steuerhinterziehung vor, egal wie krumm und seltsam die Wege der 6,7 Millionen Euro waren. Außerdem spiele es keine Rolle, dass Beckenbauer behauptet hatte, dieses Amt ehrenamtlich auszuüben.

Ungereimtheiten gibt es in der Sommermärchen-Affäre aber zuhauf. Weil einige der undurchsichtigen Überweisungen über Schweizer Konten abgewickelt wurden, ermittelt auch die Schweizer Bundesanwaltschaft weiterhin gegen Zwanziger, Niersbach und Schmidt – und auch gegen Beckenbauer. Der 73-Jährige, der für sich immer noch den Fußballtitel „Kaiser“ in Anspruch nimmt, ist im Frankfurter Verfahren lediglich Zeuge, gehört aber bei den Ermittlungen der Schweizer Bundesanwaltschaft zu den Beschuldigten. Zudem sind die Vorwürfe in der Schweiz andere als die der Frankfurter Staatsanwaltschaft mit Steuerhinterziehung: dort wird wegen des Verdachts auf Untreue, Geldwäsche, Betrug und ungetreue Geschäftsbesorgung ermittelt.

Überhaupt bleibt Beckenbauer die zentrale Figur der WM-Affäre. Und alles begann im Jahr 2002. Beckenbauer und sein damaliger Manager Robert Schwan leiteten über verschlungene Wege zehn Millionen Franken, die sie sich von Dreyfus geliehen hatten (und die inklusive Zinsen später umgerechnet jenen 6,7 Millionen Euro entsprechen) auf ein Konto in Katar. Es gehörte dem damaligen katarischen Fifa-Funktionär Mohammed bin Hammam.

Dass bin Hammam korrupt ist, daran besteht kein Zweifel. Was Beckenbauer und Schwan für diese zehn Millionen Franken bekamen, ist nach wie vor die größte Frage. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft geht wohl davon aus, dass es sich um Fernsehrechte handelte, an denen Beckenbauer offenbar gut verdiente. Die zweite große Frage ist, warum der DFB dann über die Fifa Beckenbauers Schulden bei Dreyfus beglich? Vieles stinkt in der Sommermärchen-Affäre zum Himmel, nur mit Steuerhinterziehung könnte es wohl wenig zu tun haben.

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