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© AFP

Afrika-Cup: Turnier in Tarnfarbe

Die Spiele beim Afrika-Cup haben begonnen – die Angst vor weiteren Anschlägen ist aber allgegenwärtig.

Und plötzlich schien es, als würde der Afrika-Cup tatsächlich explodieren. Die angolanischen Veranstalter hatten zweifelsohne ein etwas unglückliches Händchen, als sie sich entschieden, Afrikas Fußballfest mit einem auf dem Kontinent wahrscheinlich noch nie dagewesenen Mega-Feuerwerk zu eröffnen. Die Explosionen, die das neue Stadion „11. November“ in seinen Grundfesten erschüttern ließen, erinnerten einfach zu sehr an das kriegsähnliche Geschehen zwei Tage zuvor, als bei dem Guerilla-Terroranschlag von Cabinda drei Mitglieder der togoischen Nationalmannschaft ihr Leben verloren hatten. Der Schrecken in den Gesichtern der Fans am Sonntagabend ließ erahnen: Ein Großteil der fast 50 000 Stadionbesucher war für Momente in dem Glauben, selbst einem Angriff ausgesetzt zu sein.

Es scheint nach wie vor, als läge eine Art Fluch über Afrikas größter Sportveranstaltung. Die sportlich spektakuläre Eröffnungspartie – Gastgeber Angola führte 4:0 gegen Mali, die Westafrikaner konnten noch zum 4:4 ausgleichen – gab zwar eine Idee davon, dass es irgendwann einmal wieder um Sport gehen könnte. Doch auch der Tag der Eröffnung wurde von Sicherheitsfragen bestimmt. In der Exklave Cabinda erhöhte Angolas Regierung das Soldatenkontingent auf 80 000, was bei rund 400 000 Einwohnern eine Quote von einem Soldaten auf fünf Einwohner bedeutet. Die angolanische Nachrichtenagentur Angop berichtete am Montag, die Sicherheitsbehörden hätten zwei Männer festgenommen, die an dem Angriff auf den Mannschaftsbus beteiligt gewesen sein sollen. Der bei dem Attentat schwer verletzte togoische Torwart Kodjovi Obilalé ist nach Aussage seiner Ärzte in Johannesburg komplett außer Lebensgefahr – die erste gute Nachricht seit Tagen.

Doch auch in der als sicher geltenden Hauptstadt Luanda dominieren nun Tarnfarben: keine Häuserecke ohne Soldatenpräsenz, keine Straßenkreuzung ohne Maschinengewehre im Anschlag. Zudem kreisen pausenlos Militär-Helikopter und Flugzeuge über der Stadt, um die Lage aus der Luft zu kontrollieren. Währenddessen ist der Spielplan des Turniers nach der Abreise Togos völlig durcheinandergeraten. Lange blieb auch Montag noch unklar, wie das Turnier weitergehen würde, zumal aus Togo plötzlich Nachrichten übermittelt wurden, nach denen die Togoer im Anschluss an drei Trauertage bereit wären, wieder zum Turnier zurückzukehren. „Die Spieler trauern in der Heimat um ihre toten Brüder, können aber anschließend nach Angola zurückkehren, um die Spiele aufzunehmen“, kündigte Togos Sportminister Christopher Padumhokou Tchao an. Ein erneuter Umschwung, dem der afrikanische Fußballverband CAF brüsk begegnete. Togo sei offiziell disqualifiziert, teilte ein CAF-Sprecher am Montag mit, die Gruppe B werde nur noch aus den drei Teams Ghana, Elfenbeinküste und Burkina Faso bestehen. Zum Auftakt der Gruppe kam Favorit Elfenbeinküste gegen Burkina Faso am Montagabend nur zu einem 0:0. Zuvor hatte WM-Teilnehmer Algerien in der Gruppe A überraschend 0:3 (0:2) gegen Malawi verloren.

Die CAF ist nun verzweifelt bemüht, das völlig aus dem Ruder gelaufene Turnier wieder in den Griff zu bekommen und der Welt zumindest das Gefühl zu vermitteln, Herr im Hause zu sein. Togos Kapitän Emmanuel Adebayor berichtete derweil, dass auch die in Cabinda einquartierten Teams der Elfenbeinküste und Ghanas kurz vor der Abreise standen. „Die Spieler sagten am Samstag, sie seien bereit, ebenfalls nach Hause zu gehen, wenn wir abreisen“, sagte der Stürmer von Manchester City. Angolas lokales Organisationskomitee erneuerte sein Befremden darüber, dass das togoische Team für die Anreise den gefährlichen Landweg statt eines sicheren Fluges gewählt habe. Die togoische Regierung antwortete mit einer offiziellen Anfrage an Angolas Regierung, warum man im Vorfeld des Turniers nicht über die schwierige Sicherheitslage in Cabinda informiert worden sei.

Bevor das Turnier allerdings völlig in politischen Kraftproben versandet, wurde am Sonntagabend endlich auch mit Fußball auf grünem Rasen begonnen. Bis zu 79. Spielminute lag Angola im Eröffnungsspiel scheinbar uneinholbar 4:0 in Führung, ehe Mali sich durch vier Treffer – die letzten beiden in der Nachspielzeit – noch ein Remis erkämpfte. „Das Ergebnis trägt den bitteren Geschmack einer Niederlage“, stöhnte anschließend Angolas Coach Manuel Jose. Den Gastgebern läuft das Glück beim Afrika-Cup bisher nicht hinterher. Auch nicht auf dem Rasen.

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