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Sport: Akrobaten auf Baustellen

Die WM-Qualifikation der Turner zeigt, dass bis zur WM noch viel zu tun ist

Altendiez - Andreas Hirsch, der Chef-Bundestrainer der deutschen Kunstturner, machte sich am Ende nichts vor. „Es war nicht anders zu erwarten: Wir haben noch genug Baustellen“, verkündete er. Die WM-Qualifikation in Altendiez lief nicht ganz nach seinem Geschmack. Barren-Europameister Marcel gewann zwar den Mehrkampf, doch Fabian Hambüchen war eher der große Gewinner im Kampf um die WM-Tickets für Tokio. Großen Beifall erhielt Hambüchen für seine zweite schwierige Reck-Vorstellung innerhalb einer Woche, die diesmal mit 16,25 Punkten bewertet wurde. „Diesmal lief es anfangs nicht ganz so locker. Es war eher ein Arbeitssieg“, sagte Hambüchen und war vor allem froh, dass er diesmal am Seitpferd keine Probleme hatte. „In der tollen Atmosphäre ist das Adrenalin so richtig hochgekocht“, sagte der Reck-Weltmeister von 2007 zu den 600 Fans in der ausverkauften Halle.

Im Mehrkampf musste der Hesse, der wegen seiner komplizierten Achillessehnen-Operation weder Boden noch Sprung machen darf, kampflos mitansehen, wie der Top-Favorit Philipp Boy diesmal nur der zweite Rang (87,00) hinter Nguyen (87,60) blieb. „Die Ringe waren glitschig, da bin ich rausgerutscht. Am Reck flog mir Magnesia in die Augen. Da kriegst Du plötzlich Angst in der Luft“, sagte Mehrkampf-Europameister Boy. Auch seinen neuen Sprung mit dem Ausgangswert 7,0 brachte er nicht in den Stand. „Doch angesichts der langen Wettkampfpause und den schwierigen Bedingungen ging es doch ganz gut“, sagte Boy. Cheftrainer Hirsch sieht das allerdings anders. „Er kann mit dieser Situation nicht zufrieden sein“, sagte er.

Auch Nguyen freute sich nicht. Er sah nicht den Sieg über Boy, er sah die Probleme, die er hatte. „Ich versuche nur, meine Programm durchzubringen. Und da hatte ich noch Reserven“, sagte der Unterhachinger. Selbst sein Spitzenwert (15,15) am Barren stellte ihn nicht wirklich zufrieden. Hirsch registrierte aber immerhin, „dass alle Risiko suchten und keiner versuchte, sich mit Sicherheitsvarianten einen WM-Platz zu erschleichen“.

Wolfgang Hambüchen, der Vater und Trainer von Fabian Hambüchen, meinte: „Boy und Nguyen sind für die WM gesetzt, dahinter gibt es viele Fragezeichen. Deshalb rechnen wir nicht. Fabian turnt immer volle Pulle und setzt auf Risiko. Und dann werden wir sehen, ob es aus Sicht des Cheftrainers reicht.“ Doch Boy hält dagegen: „Für Herrn Hirsch gibt es keine Ausnahmen. Er ist da unberechenbar“, sagte der Cottbuser.

Bei den Frauen dürfte die EM-Dritte Kim Bui für die WM-Riege unersetzbar sein. Bei ihrem ersten Mehrkampf seit dem Kreuzbandriss setzte sich die 22-jährige Stuttgarterin mit 55,10 Punkten vor Nadine Jarosch (Detmold/54,35) durch. Elisabeth Seitz, die Mehrkampf-Vize-Europameisterin, hatte sich beim Training eine Fußverletzung zugezogen und musste auf einen Start verzichten.dpa

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