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Sport: Aktenzeichen Wildmoser

Der denkwürdige Auftritt des aus dem Gefängnis entlassenen Präsidenten im ZDF

Rudi Cerne. Dieser immer nette, sanfte, fast filigrane Mann. Ein ehemaliger Eiskunstläufer. Neben ihm: Karl-Heinz Wildmoser senior, dieser 120-Kilo-Koloss, derb, grobschlächtig. Ein gelernter Metzger, ehemaliger Boxer. Doch dann schickte der Kleine den Großen auf die Bretter mit der wohl besten Verabschiedung eines Studiogasts in der Geschichte des Sportstudios: Nach einem von Wildmoser-Seite abwiegelnd-ausweichenden Gespräch sagte der ZDF-Moderator: „Ich hoffe, dass wir auch in Ihrem Sinne weiterhin im Sportstudio berichten können und nicht bei Aktenzeichen XY … ungelöst.“ Das saß. In den Publikumsapplaus hinein murmelte Wildmoser mit zusammengekniffenen Augen Richtung Cerne: „Des war ned guad“ und setzte ihn gedanklich auf seine Liste von Journalisten, die er in der Hölle schmoren sehen will.

Auf die Torwand wollte er nicht mehr schießen. Vielleicht besser so, es wäre wohl nur ein weiteres Eigentor dabei herausgekommen. Am Freitagnachmittag war dem Löwen-Präsidenten, gegen den nach wie vor der Tatverdacht der Beihilfe im Rahmen der Schmiergeld-Affäre besteht, nach Zahlung von 200 000 Euro Kaution und gegen Auflagen Haftverschonung gewährt worden: Er durfte raus aus der U-Haft. Doch statt nach Hause zog es ihn sofort vor die Kameras und Mikrofone der Republik: Freitagabend DSF, Samstagabend Sportstudio, Sonntagfrüh DSF. Seine Botschaft war überall die gleiche: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts. Sein Auftreten ebenfalls: unsicher, fahrig, zögerlich, unkonkret, ablenkend – kurz: Es fällt schwer, dem Mann zu glauben.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte am Samstag gemeldet, nach Erkenntnissen der Ermittler habe Vater Wildmoser Schriftstücke abgezeichnet, auf denen zumindest in Teilen der Eingang der Schmiergelder von der Firma Alpine erkennbar aufgelistet gewesen sei. Ein Ermittler sagte: „Was man unterschreibt, sieht man sich auch an.“ Auf den Bericht angesprochen, nannte Wildmoser die SZ eine „Käsezeitung“, räumte aber ein: „Jeder hat mal was unterschrieben, was er nicht gelesen hat. Das ist ja ein ganz normaler Vorgang in jeder Firma.“

Den Blick fürs Normale hat Karl-Heinz Wildmoser verloren. Anders sind Sprüche wie dieser nicht zu erklären: „Ohne meine Arbeit gäbe es in München keine WM 2006.“ Angesprochen auf sein Verhältnis zu Franz Beckenbauer sagt er: „Der Franz musste ja auch mal wegen Steuergeschichten nach Amerika.“

Präsident will er sowieso bleiben. War irgendwas? „Ich stehe zu meiner Verantwortung.“ Heute trifft sich der Aufsichtsrat, um über die Klubführung zu beraten. Wildmoser sagt: „Wenn mich jemand blöd anquatscht, stehe ich auf und gehe. Da bin ich sehr empfindlich.“ Also bitte recht freundlich, liebe Aufsichtsräte, wir wollen doch nicht, dass es den Verein zerreißt.

Der König der Löwen wird heute noch mal den Unschuldigen geben, ab 21.45 Uhr im Bayerischen Fernsehen. Und noch ein Programmhinweis: Die nächste Sendung von „Aktenzeichen XY … ungelöst“ läuft am 1. April.

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