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Sport: Aktives Abseits

Mit dem Siegtor gegen seinen ehemaligen Klub Bremen ist Ailton bei Schalke 04 angekommen

Vielleicht hat Ailton, der launische Stürmerstar, ja doch alles richtig gemacht. Als er im Sommer vom geliebten Bremen ins graue Gelsenkirchen wechselte, waren ihm Zweifel gekommen. Doch nach einigen sportlichen Irrungen und Wirrungen ist der Torjäger auf Schalke angekommen. Allmählich scheint er sich zu verabschieden von dem Glauben, früher, in Bremen, sei alles besser gewesen. Beim jüngsten Wiedersehen mit seinen Freunden vom SV Werder erfuhr Ailton, wie schön es sein kann, für Schalke zu treffen. „Ich habe immer Spaß am Fußball, diesmal hatte ich besonders viel“, sagte er. Mit dem Siegtor zum 2:1 hat Ailton nicht nur irgendein Spitzenspiel entschieden. Der Brasilianer gab jenen Recht, die seinen Weggang als schweren Verlust für Werder eingestuft hatten.

Und sogar diejenigen dürfen sich inzwischen bestätigt fühlen, die sein Wirken, zunächst gegen den Trend, als Fortschritt für Schalke gewertet haben. Schalke bleibt aussichtsreichster Verfolger des punktgleichen Tabellenführers Bayern München. Ailton will mit seinem neuen Klub das Gleiche erreichen wie im Vorjahr mit dem SV Werder. Er wolle wieder Meister werden, sagt er, das sei ihm wichtiger als die Zahl seiner Tore.

Für Werder rückt die Titelverteidigung in weite Ferne. Der Deutsche Meister liegt nun schon neun Zähler hinter Bayern und Schalke. Dennoch wollen die Bremer sich von Ailton nicht einfach so, ohne Widerspruch, aus dem Kampf um den Titel verabschieden lassen. „Wir sind nicht die Bayern, die haben uns in der vorigen Saison frühzeitig zur Meisterschaft gratuliert. Wir tun das nicht“, sagte Sportdirektor Klaus Allofs. „Viele Fehler dürfen wir uns aber nicht mehr erlauben.“ Werder müsse „nun warten, dass die anderen Federn lassen“. In Gelsenkirchen haben die Bremer in der ersten Halbzeit den Fehler begangen, ihre Überlegenheit und ihre Chancen nicht zu nutzen. Nach der Pause stellten sie sich dem mitreißenden Sturmlauf des Gegners nicht konsequent entgegen. Dennoch wähnt Trainer Thomas Schaaf seine Spieler auf dem rechten Weg. „Wir sind gut in die Halbsaison gestartet.“ Die Titelverteidigung sei „noch machbar“, behauptete er. „Wir geben nicht auf.“

Der Unterschied zwischen dem hoffnungsvollen Zweiten und dem fast schon entthronten Meister fiel im unmittelbaren Vergleich weniger ins Auge, als der Abstand von neun Punkten vermuten lässt. Zumal Ailtons Siegtor einen Schönheitsfehler hatte. Bevor der Schütze Gerald Asamoahs Pass annahm, stand er im passiven Abseits. Mit bloßem Auge wie auch später mit der Kamera war allerdings nicht zu erkennen, ob Kobiaschwilis Steilpass Asamoah oder dem zunächst auch in Richtung Ball laufenden Ailton galt. Schaaf und sein Gegenüber Ralf Rangnick waren sich darin einig, dass passives Abseits eine sportliche Rechtsfigur von zweifelhaftem Wert sei.

Während auch tags darauf alle Welt Sinn und Unsinn einer stets interpretationsbedürftigen Regel erörterte, hatte eine Art ausgleichende Gerechtigkeit die Debatte zumindest für dieses eine Spiel entschärft. Vor dem Abseitstor hatte Schiedsrichter Knut Kircher den Schalkern einen Elfmeter versagt – ohne großen Spielraum für Deutungen. Strafstoß oder nicht, passives Abseits oder nicht: Ailton ging auch nach dem Spiel noch in die Offensive – und zu seinen alten Freunden, um ein wenig zu feiern. „Ich war in der Bremer Kabine, um Schokolade zu essen.“

Ist er nicht süß?

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