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Und die anderen schauen ehrfürchtig zu. Elmedin Kikanovic trifft für Alba Berlin. Der Bosnier war beim Sieg gegen Vechta bester Werfer.

© Imago/Camera4

Alba Berlin besiegt Vechta 83:74: Keine Kunst, aber beste Popcorn-Unterhaltung

Lange läuft bei Alba Berlin so gut wie gar nichts zusammen, am Ende aber besiegen die Berliner den Tabellenletzten Vechta doch noch mit 83:74.

Tony Gaffney schielte kurz auf das Bier und griff dann doch nach dem Popcorn. Alba Berlins Power Forward stand vor Spielbeginn an der Bande, um seine Beine zu dehnen, und hatte dabei Zeit, das kulinarische Angebot in der ersten Reihe zu begutachten. Gaffney grinste eine mit einer Weihnachtsmannmütze herausgeputzte junge Zuschauerin an und stibitzte sich einen kleinen Snack aus ihrem Popcorn-Becher. Vor dem Heimspiel gegen Rasta Vechta herrschte am Montagnachmittag gute Laune bei den Berliner Basketballern, schließlich gingen sie mit einer Serie von sechs Bundesligasiegen in die Partie. Beinahe wäre diese schöne Serie gegen Vechta mitsamt der guten Laune aber flöten gegangen: Eine Halbzeit lang spielten die Berliner gegen den Tabellenletzten mit viel zu wenig Engagement und Konzentration, eine Leistungssteigerung in der zweiten Hälfte reichte aber noch zu einem 83:74- (18:27, 11:18, 24:14, 30:15)-Sieg.

Das Spiel begann statt mit einer Schweigeminute mit donnerndem Applaus in Gedenken an die Opfer des Anschlags vom Breitscheidplatz: Alba wollte eine Woche nach dem Angriff auf den Weihnachtsmarkt lieber ein lautes positives Zeichen setzen, statt still zu trauern. In der Folge wurden die 6376 Zuschauer aber immer leiser. Die Gastgeber wirkten unkonzentriert und ließen vor allen Dingen in der Verteidigung den letzten Biss vermissen. Vechta erzielte 27 Punkte im ersten Viertel und setzte sich im zweiten Abschnitt deutlich ab. Als die Berliner mit zehn Punkten zurücklagen, skandierte der Alba-Fanblock „Aufwachen!“ und „Weihnachten ist vorbei!“ Kurz darauf erklangen sogar Pfiffe und Buh-Rufe in der Arena am Ostbahnhof. Erst hatte Niels Giffey völlig unbedrängt einen Korbleger nicht verwandeln können, dann passte Dragan Milosavljevic den Ball zu Ismet Akpinar, als sich dieser gerade die Schuhe zubinden wollte. So viel Slapstick und ein zwischenzeitlicher Rückstand von 17 Punkten waren selbst den treuesten Alba-Anhängern in Festtagsstimmung zu viel.

Zur Halbzeit lag Alba mit 16 Punkten hinten

Beim Halbzeitstand von 29:45 jubelten nur die rund 100 mitgereisten Rasta- Fans. Ihr Klub wird seit dem Lizenzentzug für Phoenix Hagen als Tabellenletzter geführt, gerade einmal ein Sieg war dem Team von Trainer Andreas Wagner in dieser Saison bis zum Montag gelungen. Jetzt war aber deutlich zu spüren, dass die Gäste an ihre Chance glaubten. Vechta hatte allerdings in der ersten Hälfte auch davon profitiert, dass sich Alba haarsträubende Ballverluste erlaubte, von der Dreipunktelinie so gut wie keine Gefahr ausstrahlte und insgesamt schläfrig wirkte

Das änderte sich nach dem Seitenwechsel. Die Berliner versuchten nun mit viel Kampf und Einsatz, den Rückstand zu verringern und das Publikum für die schlimmen ersten 20 Minuten zu entschädigen. Trainer Ahmet Caki hatte Malcolm Miller in die Startformation beordert, die Energie des 23-Jährigen tat dem Alba-Spiel gut. Am Ende kam Miller auf acht Punkte und sieben Rebounds, beste Alba-Werfer waren Elmedin Kikanovic (23), Neuzugang Carl English (14) und Kapitän Milosavljevic (12). „Ich habe mir die fünf, sechs Spieler herausgesucht, die heute am meisten bereit waren“, sagte Caki. „Und dann bin ich bei diesen Spielern geblieben.“ Er sei eigentlich kein Freund davon, mit einer so kleinen Rotation zu spielen, „aber heute war das einfach die richtige Entscheidung“. Leidtragende dieser Strategie waren die drei deutschen Alba-Profis Giffey, Akeem Vargas und Ismet Akpinar, die nach der Pause keine Sekunde mehr zum Einsatz kamen.

Die Berliner kämpften sich Punkt für Punkt heran, jetzt gingen auch die Zuschauer mit, sieben Minuten vor Spielende traf Kikanovic zum 62:61 – die erste Führung für die Gastgeber seit der Anfangsphase. Jetzt war der Glauben an die große Überraschung bei Vechta doch geschwunden, Alba spielte mit Leidenschaft und Begeisterung. Der 35-jährige English zeigte mit mehreren Dreipunktewürfen und großer Ruhe, dass er mit all seiner Erfahrung ein wichtiger Baustein in diesem Alba-Team ist. Am Ende geriet der Sieg der Berliner nicht mehr in Gefahr.

Für Freunde großer Basketballkunst war dieser Montagnachmittag sicherlich nichts – für Fans von abwechslungsreicher Popcorn-Unterhaltung hingegen schon.

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