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Sport: Alba Berlin: Eleganz nur im Nebenraum

In langen roten Kleidern schwebten die Damen mit ihren Partnern über das Parkett des Tanzsaals, in den man durch ein Fenster vom VIP-Raum der Max-Schmeling-Halle hinunterschauen kann. Sie waren die Einzigen, die am Mittwochabend Eleganz boten.

In langen roten Kleidern schwebten die Damen mit ihren Partnern über das Parkett des Tanzsaals, in den man durch ein Fenster vom VIP-Raum der Max-Schmeling-Halle hinunterschauen kann. Sie waren die Einzigen, die am Mittwochabend Eleganz boten. Die Basketballprofis von Alba Berlin, die über den Tänzern beim Abendessen saßen, benötigten im Suproleague-Spiel gegen Asvel Lyon-Villeurbanne einen Kraftakt in der zweiten Halbzeit, um nach zuletzt zwei Heimniederlagen in Folge gegen die Franzosen mit 74:68 (31:32) zu gewinnen.

Der Deutsche Meister hat vier Spieltage vor Ende der Gruppenspiele mit je sieben Siegen und Niederlagen eine gute Ausgangsposition für die Play-offs erreicht und liegt im direkten Vergleich vor den Franzosen. Doch bis zur Pause war die Darbietung der Berliner katastrophal. "Am Anfang waren wir keine Profis", sagte Trainer Emir Mutapcic zu dem Auftritt seines Teams mit vielen Fehlwürfen und Schwächen in der Verteidigung, "wir hatten keinen Respekt vor den Zuschauern."

Genüsslich studierte Teoman Öztürk bei einem Bier die Statistik, "das mache ich immer beim Essen wie Zeitung lesen". Die Lektüre der Halbzeitstatistik des gesamten Teams hätte ihm vermutlich den Appetit verdorben. Neun Ballverluste leisteten sich die Berliner vor der Pause, gönnten dem Gegner zusätzlich sieben Ballgewinne, Spielmacher Derrick Phelps gelang keine einziger Punkt. Ansehnlicher war Öztürks eigene Bilanz, was sich nicht unwesentlich auf den Ausgang der Partie auswirkte. Er und Jörg Lütcke, zwei Bankspieler, waren es, die dem Spiel die Wende gaben, während etablierte Akteure wie Koturovic und Alexis zunächst durch Fehlwürfe glänzten. Schon im ersten Viertel schickte Mutapcic nach und nach die Reservisten auf Feld, "weil wir ohne Charakter und Engagement gespielt haben".

Beim Stand von 45:47 im dritten Viertel setzten Öztürk und Lütcke zu Aufholjagd und Überholmanöver an und stoppten erst, als Alba 56:50 führte. Lütcke steuerte sechs Punkte bei, Öztürk fünf. Beide machten nicht nur entscheidende Körbe, sie setzen auch Glanzlichter. So eroberte Öztürk an der Mittellinie den Ball, startete ein Solo über das halbe Feld und schloss die Aktion mit einem Dunking ab. Lütcke fing in einer anderen Situation den Ball, täuschte an, flog unter dem Netz hindurch und beförderte den Ball mit der linken Hand von der anderen Seite in den Korb. "Als es nicht optimal lief, musste etwas von der Bank kommen", sagt Lütcke, "dann spielt auch die erste Fünf wieder besser." Gegen Ende "haben wir als Team gut verteidigt. Uns sind Ballgewinne, Rebounds und Fastbreaks gelungen."

Der Sieg gelang mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung, was auch die Punkteverteilung zeigt. Sieben Akteure kamen auf acht oder mehr Zähler. Die Bankspieler bewiesen, dass sie nicht nur in der Bundesliga, sondern auch in der Suproleague eine Partie kippen können, wenn die Leistungsträger wanken. Zumindest wenn sich der Gegner unter Form präsentiert, so wie Lyon-Villeurbanne am Mittwoch. Mutapcics Vorstellung, dass sogar noch Platz drei möglich sei, erscheint angesichts der Darbietung gegen die Franzosen jedoch als unwahrscheinlich. Die kommenden beiden Gegner, der Tabellenzweite ZSKA Moskau und Spitzenreiter Panathinaikos Athen, sind andere Kaliber.

Helen Ruwald

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