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Große Nummer. Luke Sikma (l.) spielt nach seiner überragenden Debütsaison in Berlin trotz einiger Angebote weiter bei Alba.

© picture alliance / Annegret Hils

Alba Berlin in der Vorbereitung: Die Sehnsucht nach Größe

Alba Berlin will an erfolgreiche Zeiten anknüpfen. Die Voraussetzungen dafür sind gut wie lange nicht. Das liegt besonders an einem.

Am Montagabend ist plötzlich viel Aufregung in der Trainingshalle des Basketball-Bundesligisten Alba Berlin. Der Lärm der Schlusssirene will nicht enden, obwohl das Spiel noch längst nicht vorbei ist. „Bitte schnell den Stecker ziehen“, schreit einer der Kampfrichter. Viele der Besucher beim Testspiel zwischen Alba Berlin und Zielona Gora halten sich die Ohren zu. In all dem Trubel sitzt ein Mann mit übereinandergeschlagenen Beinen völlig regungslos auf einer Holzbank, als wäre er zufällig bei diesem Basketballspiel gelandet. Die Sache ist nur: Es handelt sich bei dem teilnahmslosen Herren um Aito Garcia Reneses, den Trainer von Alba. Der Spanier geht in seine zweite Saison mit den Berlinern. So teilnahmslos Reneses häufig auch rüberkommt, so groß ist sein Einfluss auf den Basketballklub. Manch einer in der Hauptstadt glaubt sogar, dass Alba mit ihm zurück zu alter Größe finden kann.

Sieben Mal in Folge, von 1997 bis 2003, gewann der Berliner Klub die Meisterschaft. Basketball war ein großes Ding in der Hauptstadt. Heute noch hängen unter dem Hallendach der Arena am Ostbahnhof überdimensionierte Trikots der Helden von einst, von Henrik Rödl und Wendell Alexis. Die Alba-Fans blickten lange mit Wehmut auf diese Spielertrikots, weil sie an Zeiten erinnert wurden, in denen vielleicht nicht alles besser war, aber Alba eben schon. Doch im Sport ist nichts für die Ewigkeit, weder im Erfolg noch im Misserfolg. Und manchmal reicht eine richtige Entscheidung, ein Glücksgriff, der einem ganzen Klub eine neue Richtung geben kann.

Albas Klubführung um Geschäftsführer Marco Baldi und Sportdirektor Himar Ojeda ist im vergangenen Jahr ein solcher Glücksgriff mit der Verpflichtung von Reneses gelungen. Der 71-Jährige ist eine Trainer-Koryphäe. Reneses machte aus Talenten wie Pau Gasol, Rudy Fernandez, Juan Carlos Navarro, Ricky Rubio oder dem Letten Kristaps Porzingis Weltklassespieler, die es in die NBA schafften. In Europa gibt es kaum einen Spieler, der nicht mal gern Lehrstunden von dem großen Meister bekommen würde. Und ob man es glaubt oder nicht: Wegen Reneses verzichtet der eine oder andere Profi schon einmal auf ein bisschen Geld.

Deswegen tummelt sich zum Beispiel in Albas Kader seit der vergangenen Saison jemand wie Luke Sikma. Der US-Amerikaner wurde auf Anhieb zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt und selbst die Alba-Verantwortlichen würden der These wohl kaum widersprechen, dass der Mann eigentlich eine Nummer zu groß ist für Alba. Das Hauptargument für Sikmas Verbleib dürfte Trainer Reneses gewesen sein.

Schlüsselspieler konnten gehalten werden

Überhaupt haben Baldi und Ojeda dank der Anziehungskraft ihres Trainers etwas geschafft, was ihnen lange nicht vergönnt war: Sie konnten den Kern der Mannschaft zusammenhalten: Neben Sikma werden auch Spielmacher Peyton Siva sowie Center Dennis Clifford, Schlüsselspieler der vergangenen Saison, weiter für Alba Berlin auflaufen. Und weil der Etat leicht aufgestockt wurde, konnte auf Abgänge wie etwa Marius Grigonis oder Spencer Butterfield durch viele hoffnungsvolle Neuzugänge reagiert werden.

So zählen in dieser Saison zum Beispiel der deutsche Nationalspieler Johannes Thiemann sowie der Litauer Rokas Giedraitis zum Kader von Alba. Thiemann ist einer der talentiertesten Spieler überhaupt in Deutschland. Der 24-Jährige ist ungemein vielseitig, kann als Flügel- wie als Centerspieler eingesetzt werden. Schon beim 106:92-Sieg im Testspiel am Montagabend gegen den polnischen Erstligisten Zielona Gora zeigte Thiemann, dass Alba mit ihm noch wesentlich spielstärker werden kann. Thiemann erzielte 16 Punkte, traf vier von sechs Mal aus dem Feld und verwandelte acht von neun Freiwürfen, ein Top-Wert. Ähnliches traf auch auf Giedraitis zu, der auf 14 Punkte kam.

Albas Geschäftsführer Baldi war zufrieden mit dem ersten Testspiel vor dieser Saison. „Man sieht schon: Es hilft natürlich, wenn sich der Großteil der Mannschaft kennt“, sagte er. „Da steigt man auf einem ganz anderen Niveau ein.“ Auch von den neuen Spielern war Baldi überzeugt: „Unser Sportdirektor hat gut gescoutet.“

Hinzu kommen bei Alba die vielen jungen Talente, die in die Mannschaft drängen. Spieler wie Bennet Hundt, Jonas Mattisseck, Franz Wagner oder Hendrik Drescher.

Es stimmt wenige Wochen vor dieser Saison also vieles zuversichtlich bei Alba Berlin. Zumal der ewige Rivale aus Bamberg ab der kommenden Saison nicht mal mehr annähernd über die finanziellen Ressourcen verfügt wie in den vergangenen Jahren. Mäzen Michael Stoschek reduzierte die Zahlungen für den Klub aus Franken. Ihm schwebt ein neuer Ansatz vor. Er will künftig nicht mehr ganz so viel Geld ausgeben, dafür viele junge Spieler integrieren. Der Unternehmer aus Coburg hat auch explizit gesagt, an wem er sich künftig orientieren will: an Alba Berlin.

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