zum Hauptinhalt
Die erste Option. Julius Jenkins ist bei Alba seit fünf Jahren für die Punkte zuständig. Ein Anführer scheint aber nicht mehr aus ihm zu werden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Alba Berlin: Julius Jenkins: Der stille Amerikaner

Im fünften und entscheidenden Play-off-Spiel gegen Oldenburg hängt am Sonntag viel von Albas zurückhaltendem Topscorer Julius Jenkins ab. Sollten die Berliner Basketballer ausscheiden, ist vieles bei ihnen ungewiss.

Ob er eine besondere Verantwortung spüre? Jetzt, wo ein Spiel darüber entscheidet, ob Alba Berlins bisher verkorkste Saison weitergeht oder ein abruptes Ende findet? Julius Jenkins zieht eine Augenbraue nach oben. Heute muss Alba gegen die Baskets Oldenburg (17 Uhr, Arena am Ostbahnhof) unbedingt gewinnen, um die Viertelfinalserie der Bundesliga-Play-offs mit 3:2 zu gewinnen. Der 30-jährige Jenkins ist seit der Verletzung von Patrick Femerling Albas Kapitän, es ist seine fünfte Saison für die Berliner, Jenkins ist der drittbeste Werfer der Klubgeschichte, nur die Alba-Legenden Wendell Alexis und Henrik Rödl liegen noch vor ihm. Wie ist das also, mit der Verantwortung? Julius Jenkins überlegt kurz, dann gibt er eine typische Julius-Jenkins-Antwort: „Ich versuche, meinen Job so gut wie möglich zu machen. Ich tue alles, was meinem Team hilft.“ Davon, Mitspieler und Zuschauer mitzureißen, über Lust auf den großen Kampf, über Emotionen und Siegeswillen – davon spricht Jenkins nicht.

Der Shooting Guard ist auch in den diesjährigen Play-offs mit 17 Punkten pro Spiel der beste Berliner Werfer. Mit seiner Treffsicherheit und seiner Eleganz ist Jenkins zweimal zum „Most Valuable Player“ und dreimal in Folge zum besten Offensivspieler der Basketball-Bundesliga (BBL) gewählt worden, in jeder seiner fünf BBL-Saisons stand er in der Auswahl der besten fünf Spieler der Liga. 2006 holte Alba-Coach Rödl den Mann mit der Rastafrisur nach Berlin, auch unter Luka Pavicevic und Muli Katzurin ist Jenkins eine der wichtigsten und zuverlässigsten Optionen im Angriff. Als Alba 2008 Deutscher Meister wurde, war Jenkins der „Wertvollste Spieler“ der Finalserie. Der 1,87 Meter große Mann aus Florida hat die Fähigkeit, eine tobende Halle mit einem trockenen Dreipunktewurf zum Schweigen zu bringen. Oder plötzlich heißzulaufen und ein Dutzend Punkte innerhalb kürzester Zeit zu werfen. Ein Anführer, an dem sich ein Team orientieren und aufrichten kann, wird er aber wohl nicht mehr.

„Meine Rolle hat sich eigentlich nicht verändert“, sagte Jenkins über seine fünf Jahre bei Alba. Er sieht sich auch nicht als den „Go-to guy“, also als denjenigen der in den wichtigsten Situationen den Ball bekommt und in den Play-offs über Ausscheiden und Weiterkommen entscheiden kann. „Wir haben viele gute und athletische Spieler. Der Coach muss entscheiden, wer am Ende den Ball hat“, sagt Jenkins. „Man kann nicht einfach sagen: Gib mir den Ball.“ Bei Albas 79:80-Niederlage im vierten Spiel gegen Oldenburg waren es Taylor Rochestie und Immanuel McElroy, denen Katzurin vertraute. Der momentan total neben sich stehende Rochestie schleuderte den Ball gegen die linke Brettkante, McElroys Wurf fand ebenfalls nicht sein Ziel, Yassin Idbihi angelte sich den Offensivrebound, übersah aber anschließend den völlig frei unter dem Korb stehenden Jenkins. Der haderte gestenreich mit den Entscheidungen der Kollegen. Ein paar Tage später hat er sich beruhigt. „Es war ein Ein-Punkte-Spiel, so etwas passiert“, sagt Jenkins.

Es wäre unfair zu behaupten, Jenkins habe noch keine wichtigen Spiele für Alba gewonnen. Auch abseits des Spielfelds ist er für den Verein wertvoll, zum Beispiel als markantes Gesicht in Werbekampagnen. Anders als Spieler wie Rödl, Matej Mamic oder Teoman Alibegovic ist er aber nicht zur Alba-Identifikationsfigur geworden. Gegnerische Fans fürchten ihn, spotten aber auch gerne, Jenkins sei „weich“ und tauche am Ende eines Spiels gerne unter. Vor einem Jahr zog sich Jenkins im Eurocup eine Gehirnerschütterung zu. Dass er danach fast vier Wochen ausfiel, verwunderte so manchen – auch im Umfeld des Vereins. Im ersten Spiel der Serie gegen Oldenburg prellte sich Jenkins früh die Rippen, kehrte allerdings schnell aufs Feld zurück und erzielte am Ende 16 Punkte.

Sollten die Berliner heute ausscheiden, ist vieles bei Alba ungewiss. Bleibt Katzurin? Wird die Mannschaft abermals komplett umgebaut? Auch der Vertrag von Julius Jenkins läuft aus. Natürlich stehen diese Fragen zurzeit im Hintergrund, die volle Konzentration gilt dem Spiel. „Ich gehe einfach raus und versuche im Angriff aggressiv zu sein und hinten hart zu verteidigen“, beschreibt Jenkins in bekannten Worten seine Vorsätze.

Katzurin weiß, was ein entscheidendes Spiel in den Play-offs bedeutet. „Jetzt müssen die Spieler zeigen, aus welchen Holz sie geschnitzt sind“, sagt der 56-Jährige. „Jetzt ist die Zeit für unsere wichtigsten Spieler, nochmal einen Schritt nach vorn zu machen.“ Wer denn diese „main guys“ seien, wird Katzurin gefragt. „Für mich besteht das ganze Team aus ’wichtigsten Spielern’“, antwortet der Israeli. Einer davon ist Jenkins. Heute brauchen die Berliner den Spieler, der die vergangenen fünf Spielzeiten, in denen Alba eine Meisterschaft gewann, am stärksten geprägt hat. Es liegt auch an Julius Jenkins, ob die Ära des Julius Jenkins bei Alba weitergeht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false