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Alba Berlin: Zwischen Kult und Kraftakt

Alba verkauft Devotionalien zum Sarajevo-Spiel und mobilisiert Energien für das Spitzenspiel in Bamberg. Beim punktgleichen Dauer-Rivalen und Meister werden wichtige Punkte in der BBL vergeben.

Berlin - Ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Ich war dabei!“ ist in Arbeit, eine DVD zum „Jahrhundertspiel“, als das Alba Berlin das 141:127 nach fünf Verlängerungen im Uleb-Cup gegen Bosna Sarajevo inzwischen vermarktet, ebenfalls. Bis gestern Nachmittag waren bei dem Basketball-Bundesligisten bereits 250 Bestellungen für die DVD eingegangen, die eigentlich nur Analysezwecken dienen sollte. Deshalb wird das Spiel aus der Totalen gezeigt, es gibt keine Kameraschwenks und keinen Kommentator.

Das wird heute anders sein: Der RBB überträgt Alba Berlins Spitzenspiel in Nürnberg gegen den Deutschen Meister Brose Baskets Bamberg ab dem zweiten Viertel (15:20 Uhr), es ist die erste Live-Übertragung eines Spiels der Basketball-Bundesliga (BBL) im frei empfangbaren Fernsehen seit dreieinhalb Jahren. Sie kommt zum richtigen Zeitpunkt, denn nach dem Drama gegen Sarajevo ist Alba in aller Munde – und zwar nicht nur in der Hauptstadt. „Am Mittwoch ist die Welle geschwappt“, sagt Berlins Geschäftsführer Marco Baldi, der Glückwünsche aus ganz Europa entgegennahm. Aufsichtsratssprecher Axel Schweitzer gratulierten am Morgen danach Geschäftspartner in Köln, die mit Sport nichts zu tun haben, an der Nachricht aber nicht vorbeikamen. „Das bestätigt unseren Weg“, sagt Schweitzer. Alba Berlin wolle über internationale Auftritte auch national seine Position stärken.

Dies ist im Vergleich zur allerdings schwachen Vorsaison in letzter Zeit durchaus gelungen. Während Bamberg im Frühsommer als Meister ganz oben angekommen war, war Alba nach dem Viertelfinal-Aus gegen Quakenbrück ganz unten. Der deutsche Nationalspieler Ademola Okulaja, der wie der bei Alba nicht mehr erwünschte Demond Greene im Sommer nach Bamberg wechselte, sprach damals von den Franken als deutscher Nummer eins. In der Bundesliga ist Alba derzeit Tabellenführer vor Quakenbrück und Bamberg, alle drei Teams sind punktgleich. Während die Berliner seit Oktober kein BBL-Spiel mehr verloren haben, mussten sich die Bamberger zuletzt Mitte November in Quakenbrück geschlagen geben. Die Brose Baskets spielen in der Europaliga, dort also, wo Alba sehnsüchtig hinblickt – doch sie nehmen eine ähnlich belanglose Rolle ein wie in den Jahren zuvor die Berliner. Einem Sieg stehen sechs Niederlagen gegenüber, am Mittwoch, als Alba noch im Jahrhundertspiel-Taumel gefangen war, verlor Bamberg 58:80 beim FC Barcelona.

Kurz danach brachte Bambergs Trainer Dirk Bauermann, der oft und gerne gegen die Berliner stichelt, Baldi mit einem Zitat in einer Boulevardzeitung zum Lachen. Er verstehe die ganze Aufregung um Albas Sieg „nach fünf Verlängerungen gegen ein europäisches Mittelklasse-Team“ nicht, hieß es da. Gestern betonte Bauermann, dass er diese Aussage, die wunderbar zum Böser-Bauermann-Image gepasst hätte, so nicht gemacht habe. „Das ist eine bewundernswerte Leistung. Alba hat viel Willenskraft und Charakter gezeigt. Aber der Gegner war nicht Real Madrid und man darf nicht glauben, jetzt zur europäischen Spitze zu gehören.“ Womit seltene Übereinstimmung zwischen den Rivalen herrscht. „Wir haben keine Meisterschaft gewonnen, sondern ein Spiel. Das Leben geht weiter“, sagt Baldi, der heute einen „Kraftakt“ erwartet. Der Einsatz der Verletzten Dijon Thompson und Dragan Dojcin ist fraglich, und die Gesunden haben die 65 Minuten vom Dienstag viel Energie gekostet. Dafür soll der Sieg aber auch positive Energien freisetzen, am besten schon heute.

Beide Teams seien gleichwertig, sagt Bauermann. „Zwei, drei Situationen im letzten Viertel werden entscheiden, das können wichtige Freiwürfe oder ein Dreier sein.“ Es müssen ja nicht immer fünf Verlängerungen sein.

Helen Ruwald

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