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Alexander Zverev ist erstmals bei den ATP-Finals dabei.

© Michel Euler/AP/dpa

Alexander Zverev bei den ATP-Finals: Boris Becker lässt grüßen

Alexander Zverev hat sich als erster Deutscher seit 14 Jahren für die Tennis-WM in London qualifiziert – und hat dort Großes vor.

Wie lang sich so ein Tennisjahr hinziehen kann, bekommt auch Alexander Zverev derzeit zu spüren. Der beste deutsche Profi wirkte in den vergangenen Wochen mental etwas müde. Die Leichtigkeit des vergangenen Sommers ist ihm ein bisschen abhandengekommen. Seit seinem Titelgewinn in Montreal Anfang August hat Zverev bei sieben Turnierteilnahmen nur noch acht Matches gewinnen können. Ein Erfolg gegen einen Topspieler ist ihm dabei überhaupt nicht mehr gelungen. Das wird sich bei den ATP-Finals ab Sonntag in London ändern müssen, denn dort trifft der 20-Jährige in seiner Gruppe auf Roger Federer, Marin Cilic und Jack Sock – allesamt Top-Ten-Spieler.

Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sagte er kürzlich: „Du brauchst im Tennis ein Kurzzeitgedächtnis. Du darfst nicht zu lange über Niederlagen nachdenken.“ Genau das ist von Zverev im letzten Turnier des Jahres gefordert. Dabei tritt er in London nicht als Außenseiter an. In der Weltrangliste ist er bis auf Platz drei geklettert, er hat in dieser Saison fünf Turniere gewonnen und seine 54 Siege 2017 werden nur vom Weltranglistenersten Rafael Nadal übertroffen. Den Durchbruch, den ihm viele Experten immer zugetraut haben, den hat Zverev längst geschafft. Er ist der jüngste Spieler seit neun Jahren, der sich für die ATP-Finals qualifizieren konnte und der erste Deutsche seit Rainer Schüttler 2003. „Ich finde, dass ich ein unglaubliches Jahr gehabt habe“, sagt Zverev selbst.

London war früh das Ziel, das Zverev und sein Team für die Saison ausgegeben hatten. Dem ordnete er alles unter und verzichtete deshalb auch auf die Relegation im Davis Cup. Das brachte ihm in Deutschland viel Kritik ein, wohl auch deshalb hat Zverev für 2018 von sich aus bereits seine Teilnahme zugesagt. Es passt ja auch – die deutsche Mannschaft trifft unmittelbar nach den Australian Open auswärts auf Australien.

Die Zukunft im Männertennis gehört Zverev

Im neuen Jahr wird sich die Erwartungshaltung an Alexander Zverev noch weiter erhöhen. Damit muss er umgehen lernen, und das möglichst besser als bei den US Open zuletzt. Das Potenzial für große Siege bringt er allemal mit. Sein Aufschlag ist schon wegen seiner Körperlänge von 1,98 Meter eine Waffe, mit seiner beidhändigen Rückhand kann er enorm Druck machen und an seinen Defiziten arbeitet er mit viel Fleiß im Training, „um im nächsten Jahr wieder als einer der Favoriten in die Grand Slams zu gehen“, wie er selbst sagt. Dabei ist seine Entwicklung allein schon körperlich unübersehbar. Innerhalb von vier Jahren ist aus dem langen und dürren Schlaks ein austrainierter Athlet geworden. Mittlerweile wiegt Zverev knapp 90 Kilo und damit 16 mehr als noch 2014. Vor allem an Muskelmasse hat er zugelegt. Dazu verfügt er inzwischen über reichlich Matchpraxis – auch was die längeren Distanzen angeht. Wenn jetzt noch seine Vorhand stabiler wird und Zverev auch mehr Zutrauen in sein Volleyspiel entwickelt, kann er den nächsten Schritt machen.

In London muss er sich darüber allerdings noch keine Gedanken machen. Drei Vorrundenspiele bestreitet er sicher und hofft, dass seine Saison danach noch nicht zu Ende ist. Zum Auftakt geht es am Sonntagabend ab 21 Uhr (live bei Sky) gegen den Kroaten Marin Cilic.

Passenderweise ist Zverev in die Gruppe mit dem offiziellen Namen „Boris Becker“ gelost worden. Becker war 1995 der letzte Deutsche, der sich den Titel des Weltmeisters sicherte. Wenn Zverev ihm irgendwann nachfolgt, wäre das keine große Überraschung. Dass es schon in diesem Jahr klappt, dagegen spricht die Form der letzten Wochen – und die von Roger Federer. Der Schweizer ist Zverevs großes Vorbild, geschlagen hat er ihn allerdings auch schon. Eben in jenem Finale Anfang August in Montreal.

Er ist damit der einzige Spieler im Feld von London, der Federer 2017 bezwingen konnte. Auch das zeigt, in welche Sphären Alexander Zverev inzwischen vorgedrungen ist. Und egal, wie er in London spielt – die Zukunft im Männertennis gehört ihm.

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