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Sport: Allein im Team

Beim Eisschnelllauf-Weltcup in Berlin sucht Claudia Pechstein ihre Rolle im Mannschaftswettbewerb

Berlin - Joachim Franke hat so gut wie nichts geändert in dieser Woche. Geht ja gar nicht. Er kann ja nicht innerhalb von ein paar Tagen plötzlich ein neues Training konzipieren, damit seine Athletin eine Sekunde schneller ist. Er muss da vor allem auf die Psychologie setzen. An diesem Wochenende läuft Claudia Pechstein zu Hause, der Eisschnelllauf-Weltcup findet diesmal in Berlin statt. „Hier kenne ich die Strecke, hier zu laufen, ist eine besondere Motivation für mich“, sagt die viermalige Olympiasiegerin, beheimatet in der Hauptstadt. In Hamar, in Norwegen, kannte sie die Strecke natürlich auch, sie ist ja 32, sie kennt alle Strecken dieser Welt. Aber in Hamar, beim Weltcup vor einer Woche, lief sie zweimal auf Platz fünf, über 3000 m und im Teamwettbewerb. Anschließend weinte sie. Und Joachim Franke, ihr Trainer, blickte ratlos. „Sie war mit zu viel Kampf gelaufen“, sagte er. „Mir fehlte der Rhythmus“, sagte sie. Schlüssige Erklärungen waren das nicht.

Dafür ist eines klar: Sie muss besser werden. „Ich nehme das Ergebnis von Hamar nicht leicht hin, das wäre tödlich“, sagt Franke. Es geht um die Frage, ob Hamar ein Ausrutscher war oder ob etwas im Trainingsaufbau schief lief oder ob Claudia Pechstein nicht schnell genug regeneriert zwischen einzelnen Einsätzen. Und es geht in Berlin um die Antwort auf die Frage, ob der neu geschaffene Teamwettbewerb wirklich gut für die viermalige Olympiasiegerin Pechstein ist. In Hamar konnte sie das Starttempo von Sabine Völker nicht mitgehen, fiel nach wenigen Metern ab und hatte Mühe, an Völker und Anni Friesinger dranzubleiben. Zudem kurvt man im Teamwettbewerb nur auf der Innenbahn übers Eis, und dieser Radius ist für Pechstein eine Qual. Ihre Schlittschuhe haben keine gebogenen Kufen, „deshalb tun mir die Beine unheimlich weh“. Außerdem hatte das Team Völker/Friesinger/Pechstein in Hamar seine Premiere, nie zuvor haben die drei zusammen trainiert.

Wenn Pechstein mangels Qualität plötzlich aus der Mannschaft fallen würde, hätte die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) ein Problem. Denn der Verband rechnet im Teamwettbewerb bei internationalen Meisterschaften, vor allem aber bei den Olympischen Spielen 2006 in Turin, fest mit einer Medaille. Doch das Ergebnis von Hamar zeigt, dass die Planung zu simpel war, einfach drei Weltklasseläuferinnen gemeinsam antreten zu lassen. Die Verbandsführung hatte sogar von einem „Dreamteam“ fabuliert. Franke sagt: „Wenn man drei solche Stars zusammen laufen lässt, kann man eigentlich davon ausgehen, dass sie Spitzenplätze belegen.“ Offenbar doch nicht.

Die DESG hat den Vorteil, dass sie nun experimentieren kann. Deutschland ist im Teamwettbewerb für die WM qualifiziert, weil diese in Inzell stattfindet und die deutsche Mannschaft als Gastgeber gesetzt ist. „Man kann die Mannschaft ja auch anders besetzen, das ist doch kein Problem“, sagt Franke. Das Problem könnten allerdings die Ergebnisse sein. Vor allem geht für die Stars wie Pechstein der Einzelwettbewerb vor dem Mannschaftsauftritt. „Es ist ganz klar, dass die Einzelstrecke Priorität hat“, sagt Franke. „So lange da die Ergebnisse nicht stimmen, muss der Mannschaftswettbewerb in den Hintergrund treten.“

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