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Am liebsten vergraben. Uwe Gensheimer kann die Niederlage kaum fassen. Im Hintergrund freuen sich die Polen auf das Halbfinale. Foto: dapd

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Sport: Alles aus

Die deutschen Handballer verpassen nach dem 32:33 gegen Polen das EM-Halbfinale und erstmals auch die Olympia-Teilnahme.

„Wir waren ja dran“, sagte Holger Glandorf verzweifelt, Schweißtropfen rannen über die Wangen des Flensburgers, „ein Tor ist ja nichts“. In Wirklichkeit jedoch war dieses eine Tor alles –, ein Tor mehr oder weniger in diesem Spiel hatte über Wohl und Wehe des deutschen Handballs entschieden. Mit der 32:33 (17:18)-Niederlage gegen Polen hatte das Team von Bundestrainer Martin Heuberger bei nun 5:5-Punkten in der Hauptrunde nicht nur das Halbfinale bei der Europameisterschaft in Serbien verpasst, sondern auch erstmals die Teilnahme an Olympischen Spielen sowie die direkte Qualifikation für die Handball-Weltmeisterschaft 2013 in Spanien.

Und dabei war vier Minuten vor Schluss ein Sieg gegen Polen mehr als möglich. Pascal Hens hatte die deutsche Mannschaft nach einem Sprungwurf mit 31:29 in Führung gebracht. Doch es sollte nicht reichen. „Immer, wenn wir dran waren, haben wir die Chancen verpasst“, sagte Heuberger nach Spielende. „Ich bin einfach nur traurig –, aber auch sehr stolz auf diese Mannschaft.“

Diesen dramatischen 60 Minuten in der mit 2000 Zuschauern nur spärlich besetzten Belgrad Arena wird der deutsche Handball noch lange nachweinen, das wussten die Spieler sofort, als sie nach Schlusspfiff mit hängenden Köpfen in die Kabine schlichen. Heuberger wollte über das, was nun auf den Verband zukommt, nicht sprechen. „Dazu bin ich jetzt einfach nicht in der Lage.“

Zwei Tage nach dem verpassten vorzeitigen Halbfinal-Einzug durch das 26:28 gegen den WM-Zweiten Dänemark wollten die deutschen Handballer ihre zweite Chance auf die Medaillenrunde unbedingt nutzen. Und die Chancen gegen die Polen standen nicht schlecht. Immerhin mussten die Osteuropäer bei der EM auf ihren verletzten Stammtorhüter Slawomir Szmal verzichten, und seine beiden Vertreter, Marcin Wichary und Piotr Wyszomirski, genügten den internationalen Ansprüchen eigentlich nicht. Die deutschen Torhüter Silvio Heinevetter (Füchse Berlin), der gestern startete, und Carsten Lichtlein (Lemgo) hingegen sind erfahren, gewachsen an vielen Einsätzen in der Bundesliga und auf großen Turnieren. Bundestrainer Heuberger sieht in Heinevetter gar den besten Torwart dieser Europameisterschaft.

Doch das erwies sich alles als graue Theorie. Heinevetter fasste in den ersten zehn Minuten keinen Ball an, während sein Gegenüber Wyszomirski drei Paraden lieferte. Und so zogen die Polen schnell auf 4:2 davon, zumal auch die deutsche 6:0-Abwehr um Oliver Roggisch (Rhein Neckar-Löwen) indisponiert war. Und auch die deutsche Offensive konnte diesmal ihr Tempospiel nicht demonstrieren, der Rückraum kollabierte, weil die Polen den Linkshänder Glandorf (Flensburg) durch eine Manndeckung aus dem Spiel nahmen.

Auch eine Auszeit von Bundestrainer Heuberger brachte nicht die erhoffte Wende. Erst als er beim Stand von 12:9 Torhüter Heinevetter durch Lichtlein ersetzte und der Lemgoer gleich den ersten Ball abwehrte, wurden die Deutschen stabiler. Wie schon gegen Serbien kämpften sie sich zurück in das Spiel. Die Initialzündung dafür lieferte diesmal die Flügelzange vom THW Kiel, Linksaußen Dominik Klein und Rechtsaußen Christian Sprenger. Trotz Unterzahl konnten die Kieler auf 14:12 verkürzen, und vier weitere Treffer des Gespanns sorgten kurz vor der Halbzeit sogar für ein 16:16-Unentschieden.

Doch auch nach der Pause hatte die deutsche Mannschaft weiterhin enorme Probleme im Rückraumspiel, der Rückstand war in der 45. Minute wieder auf 24:28 angewachsen. Eine Vorentscheidung schien zu diesem Zeitpunkt gefallen. Doch erneut kam die deutsche Mannschaft noch einmal zurück und zeigte großen Kampfgeist, und als Spielmacher Michael Haaß (Göppingen) zum 29:29 einwarf und Hens und Sprenger in Unterzahl trafen, schien der Triumph perfekt.

Doch es kam schlimmer. 150 Sekunden vor Schluss erlitt Haaß nach einem Zweikampf einen Bruch des rechten Sprunggelenks, und die Polen nutzten ihre Chancen nun gnadenlos. „Für diesen Kampf hätten wir mit einem Punkt belohnt werden müssen“, sagte Heuberger. Doch dazu fehlte am Ende ein Tor.

 Erik Eggers[Belgrad]

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