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Sport: Alles außer Brust

Schwimmstar Michael Phelps sucht bei der WM neue Herausforderungen

Ende vergangener Woche hat sich Bob Bowman einen kleinen Spaß mit den Australiern erlaubt. In Montreal waren die Bahnenschwimmer bei den letzten Vorbereitungen auf ihre Weltmeisterschaft, bei der in der Nacht zum Montag die ersten Medaillen vergeben wurden. Und wer hier nicht – wie zum Beispiel Ian Thorpe – aus persönlichen Gründen, wie Pieter van den Hoogenband wegen der Folgen einer Bandscheiben-Operation oder wie Stev Theloke aus disziplinarischen Gründen fehlt, der probiert schon einmal ein bisschen herum.

So wie Michael Phelps, der von Bowman betreute Schwimmstar aus den USA, der sich in der Olympiastadt von 1976 auf Thorpes Hausstrecken, den 200 und 400 Meter Freistil, versucht. Ein Aufreger für die Berichterstatter aus Australien, die sich bei Coach Bowman umgehend erkundigten, welche Strecken er und sein Vorzeigeschüler für die Olympischen Spiele 2008 in Peking ausschließen könnten. „Ich denke im Moment noch über die 1500 Meter Freistil nach“, sagte Bowman. Die 1500 Meter Freistil sind eine Art australisches Nationalheiligtum. Der Australier Grant Hackett hat über diese Distanz seit fast neun Jahren nicht mehr verloren und strebt in Kanada seinen vierten WM-Titel in Folge an. Phelps jedenfalls wird ihn in Montreal auf dieser Strecke nicht behelligen. Über 400 Meter Freistil war dagegen ein Duell eingeplant, zu dem es nun nicht kommt: Phelps schied gestern überraschend im Vorlauf aus. „Ich bin ziemlich enttäuscht“, sagte Phelps. „Es lief nicht so, wie ich mir den Start in die WM vorgestellt hatte.“ Bowman gestand nach dem gescheiterten Experiment: „Wir wissen nicht, was los war.“ Es gehe nun vor allem darum, „einfach weiterzumachen und die anderen Rennen zu schwimmen“, sagte Phelps. Nun blickt alles auf die Auseinandersetzung mit Hackett über 200 Meter Freistil.

Dabei ist Phelps, der sechsfache Olympiasieger und achtfache Medaillengewinner von Athen, kein ausgewiesener Freistilschwimmer. Aber was heißt das schon bei ihm? Bisher war der 20-Jährige beim Rücken-, Schmetterling- und Lagenschwimmen nicht zu schlagen, jetzt probiert er es eben mit Freistil. „Hier und in Peking wird er keine 50 Meter Freistil und auch nicht die 1500 Meter schwimmen“, erklärt sein Trainer. „Außerdem würde ich sagen, dass die Brustschwimmer dieser Welt vor ihm sicher sind. Alles andere aber wird ein fairer Wettstreit.“

In Montreal verzichtet Phelps im Zuge seiner Neuorientierung unter anderem auf einen Start über 200 Meter Schmetterling und 400 Meter Lagen. Auf beiden Strecken hält er den Weltrekord, jetzt ist er mit seinem Coach dabei, das Programm für die nächsten drei Jahre abzustecken. „Das hier“, sagt Phelps, „ist eine gute Gelegenheit, ins Wasser zu springen und ein paar neue Sachen auszuprobieren.“ Und danach wollen er und sein Trainer wissen, in welchen Wettbewerben der junge Mann bei den Spielen 2008 seine Goldmedaillen einsammeln will, wie er es im vergangenen Jahr bei den Olympischen Spielen in Athen getan hat.

Michael Phelps ist ein ehrgeiziger Schwimmer, der nicht nur vom Siegen nie genug bekommen kann, sondern auch davon, seine stärksten Gegner zu schlagen. Er habe sich in diesem Jahr auch deshalb auf die Freistilstrecken konzentriert, um gegen Ian Thorpe schwimmen zu können, räumt Phelps ein. Nun hat der abgesagt. „Aber jetzt werde ich eben meinen Spaß beim Rennen gegen Hackett haben.“

Über 100 und 200 Meter Freistil, 100 Meter Schmetterling, 200 Meter Lagen und in allen drei Lagenstaffeln will Michael Phelps in den nächsten sieben Tagen noch antreten. „Ich träume von vielen Medaillen“, sagt Michael Phelps. Auch nach dem enttäuschenden Auftakt am gestrigen Sonntag.

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