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America’s Cup: Dreimal schneller als der Wind

Der heute beginnende America’s Cup wird vor allem durch die Technik entschieden werden

In den vergangenen Jahren ging es um Taktik und seglerisches Können, bei der am heutigen Montag beginnenden 33. Auflage des America’s Cup wird es vor allen Dingen auf einen Faktor ankommen: Geschwindigkeit. Dafür sind die beiden gewaltigen, rund 30 mal 30 Meter großen Mehrrumpf-Rennmaschinen, der US-Trimaran USA 17 und der Schweizer Katamaran Alinghi 5, konstruiert. Technisch sind beiden Boote so ausgeklügelt und optimiert, dass sie zwei bis drei Mal schneller als der Wind segeln können. „Diesmal entscheidet die Technik das Rennen zu 90 Prozent“, sagt der Chef des US-Teams, Russell Coutts. „2007 waren es 50 Prozent Technik, 50 Prozent seglerisches Können.“ Das Duell wird im Modus „Best of three“ entschieden. Wer zweimal siegt, hat die älteste Sporttrophäe der Welt gewonnen. Das zweite Rennen soll am Mittwoch stattfinden, das entscheidende gebenenfalls am Freitag.

Beide bis zu zwölf Mann umfassende Segelteams haben keine Kosten und Mühen gescheut, um sich bestmöglich vorzubereiten. Die Schweizer Yacht wird von ihrem Besitzer Ernesto Bertarelli, der über 20 Jahre Erfahrung mit Katamaranen hat, gesteuert. Das US-Schiff lenkt der Australier James Spithill, der sich als Newcomer im Team von Luna Rossa beim 32. Cup einen Namen machte, als er seinen heutigen Arbeitgeber BMW Oracle im Halbfinale des Louis-Vuitton-Cups mit 5:1 besiegte. Experten gehen davon aus, dass die US-Yacht bei stärkeren Winden ab zwölf Knoten einen Vorteil haben könnte, der Titelverteidiger Alinghi bei seichten Winden. Für das erste Rennen auf einem 20 Seemeilen langen zweischenkligen Am- und Vorwind-Kurs, das heute um 10.06 Uhr gestartet werden soll, werden mäßige Winde erwartet. Einen entscheidenden Vorteil könnte das US-Team mit seinem neuartigen 68 Meter langen Flügel-Segel haben, das theoretisch wie eine Flugzeug-Tragfläche funktioniert und das durch eine rund dreistündige Prozedur auf der Yacht angebracht werden muss. Solch ein Segel wird bei Katamaranen schon länger eingesetzt. Die Yacht, die 1996 die letzte International Catamaran Challenge Trophy, den so genannten „kleinen America’s Cup“, gewann, war mit einem ähnlichen Flügel-Segel bestückt. Auch Dennis Conner hatte für sein America’s-Cup-Match 1988 ein Flügel-Segel konstruieren lassen, benutzte es im Rennen gegen Neuseeland allerdings nicht. Der Flügel besteht aus einem Hauptelement, in dem sich zwölf einzelne, bewegliche Klappen befinden.

Bespannt ist der Karbon-Flügel mit einer reibungsarmen Spezialfolie, die in der Raumfahrt verwendet wird. Die hydraulischen horizontal gestellten Klappen werden via Gelenke, Elektromotoren und Sensoren gesteuert und können die vom Wind bei einem Tuchsegel erzeugten Wölbungen zumindest annähernd gut imitieren. „Der Flügel lässt sich blitzschnell und optimal dem Wind anpassen“, sagt Coutts. „So haben wir immer die maximale Angriffsfläche für den Wind.“ Gerade bei Wendemanövern, die mit den schwerfälligen Mehrrümpfern sehr aufwändig und risikoreich sind, verspricht der Flügel mehr Geschwindigkeit. Selbst Alinghi-Eigner Bertarelli bezeichnet das revolutionäre Segel seines Gegners bewundernd als „gelungenes Konzept“.

Allerdings hat der Flügel, der länger ist als die Tragfläche eines Airbus 380, auch ein paar entscheidende Nachteile. Mast und Segel sind erheblich schwerer als die auf Leichtbau getrimmten herkömmlichen Aufbauten. Und nicht zuletzt: Der 700 Quadratmeter große Flügel, der rund 20 Millionen Euro gekostet haben soll, ist ein Unikat. Wenn er in den Hochgeschwindigkeitsrennen zu Bruch gehen sollte, ist der 33. America’s Cup für BMW Oracle mit aller Wahrscheinlichkeit verloren.

Das Duell und seine Macher: Seite 3

Ingo Petz[Valencia]

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