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Sport: An der Schmerzgrenze

Die Friedensfahrt der Radprofis steht trotz der EU-Erweiterung vor einer unsicheren Zukunft

Berlin Vorgestern ging die Werbekarawane im Nebel verloren, auf dem Weg von Szczawno Zdroj nach Jelenia Gora. Nach ihrer Irrfahrt im Riesengebirge fanden sich die 15 Fahrzeuge auf einmal hinter statt weit vor dem Feld der Radprofis wieder, die bei der 57. Friedensfahrt am Sonntag das letzte Etappenziel in Prag erreichen wollen. Die Europäische Union ist am 1. Mai größer geworden, deshalb startete die traditionsreiche Rundfahrt, die durch Deutschland und die beiden neuen Mitgliedstaaten Polen und Tschechien führt, vor einer Woche in Brüssel.

„Das hat hohen Symbolcharakter. Die EU-Erweiterung kann der Friedensfahrt helfen“, sagt Sylvia Schenk, Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Aber die symbolische Maßnahme kann nicht über die aktuellen Probleme hinwegtäuschen. Denn statt mit der EU mitzuwachsen, droht die Friedensfahrt zu schrumpfen. Sie gehört nicht zur neuen Pro Tour, die ab 2005 den Weltcup ersetzt und die wichtigsten Rennen des Profiradsports unter ein Dach bringt. „Das ist aber noch nicht endgültig“, sagt Schenk, die auch Mitglied im Direktionskomitee des Weltverbandes UCI ist. „109 der 156 Renntage der Pro Tour finden in Italien, Spanien und Frankreich statt. Viele Länder beschweren sich derzeit wegen der ungerechten regionalen Verteilung.“

Die Friedensfahrt hat ein historisches Alleinstellungsmerkmal im Osten. In der Nachkriegszeit als ein zunächst noch getrenntes Projekt zweier Tageszeitungen aus Polen und der Tschechoslowakei gegründet, wurde die bald um die DDR erweiterte und auch heute noch unter dem Symbol der Friedenstaube stehende Rundfahrt zu einer der wichtigsten Sportveranstaltungen im Osten Europas. Politisch, aber vor allem sportlich: Die Friedensfahrt war lange Jahre das am stärksten besetzte Amateurrennen der Welt. Dann kam die Wende. Ohne finanzielle und organisatorische Basis dauerte es einige Zeit, bis die Rundfahrt wieder an alte Glanzzeiten erinnerte. Seit 1996 dürfen Profis an den Start gehen, neue Sponsoren schickten eine lange Werbekarawane für die wieder begeisterten Zuschauer auf die Strecke. Doch dieses Engagement ist – wie bei vielen anderen Rennen auch – zurückgegangen. In diesem Jahr war es für die Veranstalter schwierig, überhaupt willige Kommunen wie Beierfeld als Etappenziel zu finden. Das Team Gerolsteiner verzichtete auf einen Start, T-Mobile entsandte immerhin Sympathieträger Erik Zabel, der gestern seine erste Etappe gewann, sich „hier aber keine großen Gedanken macht“.

Der MDR, der in den Jahren zuvor live übertragen hatte, verlängerte die Medienpartnerschaft nicht und zeigt nur Ausschnitte. „Wir unterstützen Leipzigs Olympia-Bewerbung und die Deutschland-Tour. Damit sind unsere finanziellen Ressourcen erschöpft“, sagt Unternehmenssprecher Eric Markuse. Die Deutschland-Tour hat den Sprung in den Pro-Tour-Kalender geschafft. Für die Friedensfahrt bleibt trotz aller Bemühungen vorerst wohl nur, außer- und unterhalb der Pro Tour zu überleben. „Unsere Hoffnung ist, dass der Sponsorenmarkt mit den Beitrittsländern wächst“, sagt Sylvia Schenk. Die Karawane muss nur den richtigen Weg finden.

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