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© dpa

Andreas Kofler: Neustart unter Kindern

Durch seinen Sieg bei der Vierschanzentournee überwindet Andreas Kofler endgültig sein langes Tief.

Man kann durchaus sagen, dass die aktuelle Vierschanzentournee vor einem Jahr in Bischofshofen gewonnen worden ist. „Das war eindeutig der Knackpunkt“, sagt Andreas Kofler und fügt im Tiroler Dialekt hinzu: „Wo’s mi aussi g’speckt hod.“ Er beschreibt damit jenen Moment, als er auf einem Tiefpunkt angelangt war und sich mit Rang 54 nicht für das abschließende Springen der Vierschanzentournee qualifiziert hatte. „Ich bin dann Skifahren gegangen und habe mir das Finale im Fernsehen angesehen“, sagt der österreichische Skispringer. Vor dem Bildschirm aber reifte die Erkenntnis: „Ich werde mich selber retten.“

Andreas Kofler hat anschließend noch einmal von vorne mit dem Skispringen angefangen. „Egal, wie weh das tut“, sagt er. Mit seinem alten Trainer kletterte er auf die 40-Meter-Schanze seiner Jugend in Natters bei Innsbruck. Mit dem Gold- und Silbermedaillengewinner von Turin übten acht Jahre alte Jungs. Es machte ihm nichts aus. Wichtig war ihm, seinen Bewegungsablauf wieder neu einzustudieren. „Damit bekommst du neue Sicherheit“, sagt er. Die Rückkehr an die Schanze seiner Jugend lehrte ihn auch Demut. „Siege und Erfolge erscheinen in einem ganz anderen Licht, sie sind nicht mehr selbstverständlich“, sagt Andreas Kofler in Bischofshofen. „Ich habe deshalb heute jede Sekunde genossen, weil man nicht weiß, wann es das nächste Mal der Fall ist.“

Am Ende nämlich trugen ihn seine Teamkollegen Wolfgang Loitzl und Gregor Schlierenzauer auf den Schultern durch den Auslaufbereich von Bischofshofen. Und 25 000 Zuschauer jubelten ihm zu. „Ich habe jede Sekunde aufgesogen“, sagt er, „es war sensationell.“ Nach einem zweijährigen Leistungstief ist Andreas Kofler als Sieger der Vierschanzentournee 2010 wieder ganz oben im Skispringen angekommen. Nach Rang eins in Oberstdorf und zwei vierten Plätzen in Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck genügte ihm im abschließenden Springen der fünfte Platz, um seine Führung in der Gesamtwertung vor dem Finnen Janne Ahonen und seinem Landsmann Wolfgang Loitzl zu behaupten. „Garmisch-Partenkirchen war das größte Hindernis“, sagt er. „Danach habe ich angefangen, mich in der Rolle des Favoriten wohlzufühlen.“

Dieses Gefühl hat dem 25-Jährigen auch in Bischofshofen vor dem zweiten Sprung geholfen, als großer Druck auf ihm lastete. „Ich bin extrem bei mir geblieben“, sagt er, „ich habe die Ruhe einfach mitgenommen.“ Im ersten Durchgang hatten ihm Janne Ahonen und Simon Ammann einige Punkte abgenommen. Vor allem die Taktik des Schweizers ärgerte den österreichischen Cheftrainer Alexander Pointner, denn Simon Ammann hatte zugegeben, dass er bei der Qualifikation absichtlich nicht weit gesprungen war, um im Wettbewerb als einer der Ersten starten zu dürfen.

Seine Taktik ging auf, Ammann führte nach dem ersten Durchgang, doch Pointner empörte sich. „So etwas gibt es in unserer Mannschaft nicht“, sagte er, „da ist der Umgang von gegenseitigem Respekt geprägt.“ Tatsächlich drückte Gregor Schlierenzauer, der eigentlich selber die Tournee gewinnen wollte, seinem Teamkollegen Andreas Kofler demonstrativ vor allen Fernsehkameras die Daumen, als dieser sich zum zweiten Sprung bereit machte.

Andreas Kofler hatte vorgehabt, sich in dieser Saison in der starken österreichischen Mannschaft wieder zu etablieren. Nun zählt er wieder zur Weltspitze und damit auch zu den Favoriten auf eine olympische Medaille. „Damit habe ich nicht gerechnet“, wiederholte er in Bischofshofen immer wieder. Doch das ist nur das Ergebnis, wenn einer wieder an sich selber glaubt.

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