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Sport: Angriff der Amazonen

In Mariendorf kämpfen die Frauen um den Ladies Gold Cup und die Gunst des Publikums

Berlin. Amazonen waren seit jeher sagenumwobene Gestalten. Selbst der genaue Ursprung des Begriffs ist unter Wissenschaftlern umstritten – zu verwirrend sind alle mythologischen Verklärungen. Die antiken Griechen entwarfen von den kriegerischen Frauen jedenfalls ein grausames Bild: So sollen sich die weiblichen Kämpferinnen freiwillig ihre rechten Brüste amputiert haben, um Pfeil und Bogen besser handhaben zu können. Parallel wurde der Schrecken, den sie verbreiteten, zugleich mit körperlicher Schönheit in Verbindung gebracht.

Wenn am Sonntag ab 13.30 Uhr die besten Sulky-Amazonen der Republik in Mariendorf an den Start gehen, dann wird von diesem Grauen trotz des kämpferischen Ehrgeizes der 13 Konkurrentinnen nicht viel zu bemerken sein – im Gegenteil. Denn nur selten in der letzten Zeit wurde eine Trabrennveranstaltung so akribisch vorbereitet wie der Ladies Gold Cup. Fünf Wertungsläufe werden ausgetragen, jeweils mit 2000 Euro dotiert. Relativ geringe Prämien also, doch das Preisgeld ist an diesem Tag nebensächlich. Den freiwilligen Organisatoren rund um Andrea Freyer (31) vom Traditions-Gestüt Prieros ist es auch so gelungen, ein Starterfeld von höchster Güte zu verpflichten.

Neben der vierzigjährigen Berlinerin Karin Walter-Mommert, die 1999 die Europameisterschaft der Amazonen im holländischen Wolvega gewann, garantiert vor allem eine Hamburgerin mit ähnlichem klingendem Namen packende Finalkämpfe: Susann Walter (34) rollt das gegnerische Feld am liebsten von hinten auf. Dem Shootingstar gelang dies in der laufenden Saison bereits 44 Mal. Insgesamt 13 Teilnehmerinnen bewerben sich um den inoffiziellen deutschen Meistertitel und bringen dafür ihre besten Pferde mit. So tritt zum Beispiel Katharina Merz mit vier frischen Siegern an. Dass es für die Initiatorin Andrea Freyer mit ihren eigenen Außenseitern schwierig wird, stört sie wenig: „Wir wollen, dass besonders die weiblichen Traberfans viel Spaß haben.“

Wie sehr sich der Blick der Amazonen bei dieser Veranstaltung auf die eigenen Zuschauer ausrichtet, macht Karin Walter-Mommert klar: „Vielleicht können wir Frauen ein kleines Zeichen setzen. Aber zu einer besseren Zukunft gehört auch eine neue Offenheit. Mit ihrer jahrelangen Geheimniskrämerei haben die verantwortlichen Funktionäre völlig an den Leuten vorbei regiert und den Rennsport fast zu Tode gebracht.“ Eine bissige Kritik, es muss also etwas dran sein an der Angriffslust der Amazonen.

Heiko Lingk

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