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Erfolgreich mit Tradition. Unter neuer Führung will der FC in dieser Saison bestehen.

© imago images / Moritz Müller

Angriff von unten: Der 1. FC Köln will mehr, viel mehr

Beim 1. FC Köln verlief der Aufstieg wenig harmonisch. Nach einem schweren Startprogramm soll es nun schon gegen Hertha aufwärts gehen.

Es gibt Niederlagen, die kann ein Fußball-Verein einigermaßen verkraften. Wenn zum Beispiel ein Aufsteiger beim Meister verliert, dann ist es kein Weltuntergang. Und so herrscht beim 1. FC Köln nach dem 0:4 in München vom vergangenen Samstag keine Panik. Von fünf Saisonspielen in der Bundesliga hat der FC zwar nur eines gewonnen (2:1 in Freiburg), doch da die anderen Gegner allesamt als zu mächtig eingeordnet wurden (Dortmund, Wolfsburg, Mönchengladbach), hatte man sich nicht ernsthaft Punkte ausgerechnet, sondern höchstens erträumt. Am Sonntag im Heimspiel gegen Hertha BSC (18 Uhr) soll nun aber die Zeit des Punktens beginnen. „Was klar ist“, sagte Trainer Achim Beierlorzer in dieser Woche: „Das nächste Heimspiel wollen wir gewinnen. Wir haben drei Punkte, wollen aber viel mehr. In ruhige Gewässer kommt man nur, wenn man punktet.“

Nach Ruhe, einer Saison ohne Krisen und Dramen sehnen sich auch die Kölner Fans. Der FC, der seit 1998 sechsmal ab- und aufgestiegen ist, hat wieder einmal einiges hinter sich. Einen Aufstieg als Tabellenführer der Zweiten Liga, der allerdings unharmonisch verlief, weil der Verein drei Spieltage vor Schluss trotz Tabellenführung Coach Markus Anfang entließ, der sich mit der Mannschaft überworfen hatte. Außerdem gab es allerlei Streitigkeiten hinter den Kulissen. Mit Beierlorzer, der aus Regensburg kam, sind nun alle sehr zufrieden. „Modern und kommunikativ“ sind die Attribute, mit denen der ehemalige Mathematik- und Sportlehrer oft bedacht wird.

Zum Beispiel von Stefan Müller-Römer. Der Kölner Anwalt war von März bis Anfang September Interims-Vorstand des Vereins, nachdem Werner Spinner im März nach sieben Jahren im Amt aufgrund eines verlorenen Machtkampfes mit dem sportlichen Geschäftsführer Armin Veh zurückgetreten war. Inzwischen ist Müller-Römer in sein altes Amt des Vorsitzenden des Mitgliederrats zurückgekehrt und sieht der Zusammenarbeit mit dem neuen Vorstandstrio bestehend aus den Kölner Geschäftsleuten Werner Wolf, Jürgen Sieger und Eckhard Sauren positiv entgegen.

Es sei schön, dass man nun konstruktiv zusammenarbeite, sagt Müller-Römer: „Vorher war das anders.“ Dabei bezieht er sich auf die vergangenen Monate mit Spinners Vizepräsidenten, FC-Torwart-Legende Toni Schumacher und Ex-Karnevalist Markus Ritterbach, die zu ihm und zum Mitgliederrat, freundlich ausgedrückt, kein gutes Verhältnis hatten. Das Gremium hat beim FC die Aufgabe, die Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen. Doch damit kamen sie nicht klar. So gab es ständige Reibereien. Zwar hätten Schumacher und Ritterbach gern als Vizes weitergemacht, der für die Nominierung zuständige Mitgliederrat entschied sich jedoch für andere Kandidaten.

Wer sind die neuen Kölner Vorstandsmänner?

Die neuen Kölner Vorstandsmänner, die bei der Mitgliederversammlung 78,2 Prozent der Stimmen bekamen, sind zwar Fußball-Enthusiasten und FC-Fans, die mit Klubschals im Stadion sitzen, Erfahrung im Business des Profifußballs haben sie aber wenig. Wolf ist immerhin seit mehr als zehn Jahren in den Vereinsgremien aktiv und war 2011 nach dem Rücktritt von Wolfgang Overath schon einmal Interimspräsident. Der studierte Psychologe und frühere Kartoffelchips- und Brauerei-Manager weiß, dass ein Klub nicht nur gute Manager braucht, sondern auch Fußball-Expertise und ein wenig Glamour. Eine der ersten Amtshandlungen Wolfs bestand deshalb darin, den alten Heroen Thomas Häßler und Lukas Podolski Jobs beim FC in Aussicht zu stellen. In welcher Funktion, ist noch offen. Es laufen Gespräche.

Sportlich beraten lässt sich der Vorstand vom ehemaligen FC-Sportdirektor Jörg Jacobs – und von Erich Rutemöller, der im Alter von 74 Jahren von Fortuna Düsseldorf nach Köln zurückkehrt, mit ihm kam der FC anno 1991 ins Pokalfinale (und verlor im Elfmeterschießen gegen Werder Bremen). Unvergessen ist Rutemöllers an Frank Ordenewitz gerichtete Rot-Aufforderung aus dem Halbfinale gegen Duisburg – „Mach’ et Otze.“ Die gute alte Zeit.

Überhaupt will der FC zwar erfolgreich sein, aber auch bodenständig bleiben und seine Tradition bewahren. Pläne, ein neues größeres Stadion irgendwo in Köln zu bauen, wo es ausreichend Platz gibt, sind wohl vom Tisch. Der neue Vorstand möchte den Standort Müngersdorf erhalten und das 50 000 Besucher fassende Stadion eventuell moderat erweitern. Aber wenn, dann ohnehin erst nach der EM 2024, bei der das Stadion in Müngersdorf einer der zehn Spielorte ist.

Der FC soll der FC bleiben, den Einstieg großer Investoren lehnt Wolf ab. „Wir haben uns das europaweit angeschaut und kommen zu dem Ergebnis, dass ein Investor keine Garantie dafür ist, ganz vorne zu stehen. Wir sind der Ansicht, dass Freiheit der größte Wert ist“, sagte Wolf der „Sport Bild“. „Mit einem Investor verliert man seine Freiheit. Wer Geld gibt, will mitreden. Und er wird eine Rendite haben wollen. Damit begibt man sich in Zwänge. Das sind Fakten. Und das wollen wir nicht.“ Wolf orientiert sich lieber am großen Rivalen vom Niederrhein. Es gebe Vereine, sagte er jedenfalls, „die ohne Investoren besser sind als Platz zehn. Mönchengladbach zum Beispiel. Geld ist sicher ein Baustein, um Erfolg zu haben. Aber es gibt auch andere Parameter.“

Auch die Sache mit dem Geißbockheim droht zu scheitern

Und dann ist da noch die Sache mit dem Geißbockheim, idyllisch im Grüngürtel gelegen. Eigentlich wollte der Verein seine Trainingsanlagen in seiner traditionellen Heimat erweitern und sah sich auch auf einem guten Wege, da die Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Pläne jahrelang wohlwollend begleitete. Doch sie änderte im Sommer plötzlich ihre Meinung – mit Hinweis darauf, dass die Stadt Köln den Klimanotstand ausgerufen habe. Hintergrund ist, dass Reker im nächsten Jahr wieder kandidieren wird und die Unterstützung der Grünen benötigt, die gegen den Ausbau in der Grünzone sind. Genauso wie eine Bürgerinitiative, die irreparable Umweltschäden befürchtet. Wie diese Sache ausgeht, steht in den Sternen.

Genauso offen ist die erste wichtige sportliche Entscheidung, die der neue Vorstand treffen muss. Der Vertrag Vehs, der seit Dezember 2017 als Nachfolger von Jörg Schmadtke in Köln arbeitet, läuft 2020 aus. Wolf hat bereits verkündet, dass die Sache bis Weihnachten erledigt sein soll. Doch falls der FC bis dahin nicht ausreichend gepunktet haben sollte, könnte dies noch ein sehr schwieriges Thema werden.

Die FC-Mannschaft, mit der Trainer Achim Beierlorzer demnächst in ruhigen Gewässern navigieren will, ist sicher nicht einfach zu coachen. Sie besteht aus einigen Spielern, die schon unter Peter Stöger in Köln gespielt haben, der von 2014 bis 2017 FC-Coach war. Andere kamen 2018 mit Markus Anfang von Holstein Kiel, wiederum andere stießen in diesem Sommer hinzu. Erfolge würden die Teamfindung beschleunigen, auch deshalb würden die Kölner eine Niederlage gegen Hertha BSC nicht gut verkraften.

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