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Gebückte Haltung. Der letzte Sieg von Martin Schmitt liegt zehn Jahre zurück. Inzwischen kämpft der 34-Jährige nur noch darum, mit den Besten starten zu dürfen. Foto: AP

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Sport: Anschlussflug verpasst

Martin Schmitt kämpft gegen sein Karriereende und um eine letzte Teilnahme an der Vierschanzentournee.

Berlin - Martin Schmitt ist ein Idol. Der Schwarzwälder ist in Deutschland zum Synonym für Skispringen geworden. Und diese Position hat er sich durch seine Erfolge verdient, die er in 15 Jahren Skispringen errungen hat. Viermal wurde er Weltmeister, Olympiasieger auch, zweimal hat er den Gesamt-Weltcup gewonnen.

Doch all diese Erfolge liegen lange zurück. Der letzte seiner 28 Siege im Weltcup datiert vom 1. März 2002. Seit Jahren schwankt seine Formkurve. Mit abfallender Tendenz. Verletzungen und Regeländerungen machen es dem 1,82 Meter großen Springer immer schwerer, Anschluss zu halten. Zur Weltspitze, aber auch innerhalb des in diesen Winter hervorragend gestarteten deutschen Teams. Die ersten Weltcupspringen fanden nun ohne den Mann mit dem lila Helm, den er seit 1999 als Markenzeichen trägt, statt. Am vergangenen Samstag begann die Saison von Schmitt stattdessen in Kasachstan. In Alamty startete der Continental-Cup – zweite Liga. Und selbst dort konnte Schmitt nicht wirklich überzeugen. Nach einem starken Flug auf 130 Meter lag der Routinier zur Halbzeit des ersten Springens auf dem vierten Rang. Dann folgte jedoch der Sturz nach der Landung, einen Tag später reichte es erst gar nicht zum zweiten Durchgang. Die nächste Chance bietet sich für Schmitt nun an diesem Wochenende im finnischen Lahti.

Doch eigentlich will Martin Schmitt ja nur zurück ins Rampenlicht des Weltcups. Das ist momentan sein Ehrgeiz, das ist sein Antrieb. Langsam jedoch scheinen seine Chancen zu schwinden. Er selbst sagt: „Wenn ich die Vierschanzentournee nicht zu Ende bringen kann, und ich sehe, dass ich weit weg von der Spitze bin, muss ich mir Gedanken machen, ob es noch Sinn macht.“ Erstmals spricht Martin Schmitt, der am 29. Januar 35 Jahre alt wird, also vom Aufhören.

Und ob er am 29. Dezember beim Start der ersten Qualifikation der Vierschanzentournee in Oberstdorf überhaupt zum deutschen Team gehört, liegt allein in den Händen von Werner Schuster. Denn da stehen dem deutschen Bundestrainer nicht nur die permanenten sechs Startplätze, sondern weitere sechs in der nationalen Gruppe zur Verfügung. Möglich ist aber auch, dass Schuster diese Plätze lieber an Nachwuchsspringer vergibt, damit diese Erfahrung sammeln können. Erfahrung, über die Martin Schmitt im Überfluss verfügt. Und mittlerweile auch Einsicht. „Ich werde nicht mehr drei, vier Jahre Skispringen.“ Neuerdings absolviert Schmitt an der Sporthochschule in Köln eine Diplomtrainer-Ausbildung.

Schmitt hat kein einfaches Jahr hinter sich. Am 1. Januar war er zum letzten Mal bei einem Weltcupspringen dabei. Er selbst gibt zu, dass ihm eigentlich ein ganzes Jahr fehlt. Ein halbes, in dem er wegen Kniebeschwerden nur bedingt trainieren konnte, ein weiteres halbes, in dem er regenerierte. Und die Rahmenbedingungen sind für den 34-Jährigen nicht leichter geworden. Mittlerweile müssen die Anzüge enger anliegen. Wo zwischen Körper und Stoff einmal sechs Zentimeter Spielraum lagen, herrscht aus Gründen der Chancengleichheit nur noch eine Toleranzgrenze von zwanzig Millimetern. Es kommt nun also mehr denn je auf einen kraftvollen Absprung an. Doch diesen hatte Schmitt auch zu seinen besten Zeiten nicht. Seine Stärken lagen schon immer im Flug. Darauf muss er nun hoffen.

Klaus-Ekkehard Jost

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