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Sport: Anstrengender als Fußball

Lemgos Handballer tun sich international schwer, weil sie nach der EM ausgepumpt sind

Berlin. Christian Schwarzer lag auf dem Boden und schien gar nicht mehr aufstehen zu wollen. „Ich war total platt“, bekannte er später. Da war er mit dem Deutschen Handballmeister TBV Lemgo im Viertelfinale der Champions League gegen Celje Pivovarna aus Slowenien ausgeschieden. Und Schwarzer, der fast 300fache Nationalspieler, hatte kein einziges Tor erzielt. Er, der bei der Europameisterschaft mit seinen 27 Treffern noch maßgeblichen Anteil am Titelgewinn hatte.

Schwarzer war nicht der Einzige, der „auf dem Zahnfleisch kroch“, wie es Lemgos Manager Fynn Holpert ausdrückte. Auch Volker Zerbe, bei der EM ins All-Star-Team berufen, lag daneben. Und dass Markus Baur, der in Slowenien eine Meniskusverletzung erlitt und operiert werden musste, bei seinem Kurz-Comeback noch nicht wieder der Alte war, lag nahe. Die EM hatte nachträglich ihren Tribut gefordert.

Mit sechs Spielern, neben Schwarzer, Zerbe und Baur noch Christian Ramota, Daniel Stephan und Florian Kehrmann, stellte Lemgo in Slowenien das Gros des Europameisters. Acht Spiele an elf Tagen mussten sie bestreiten. In einer Sportart, die nach Ansicht von Kurt Steuer, mit Berthold Hallmeier Mannschaftsarzt der Nationalmannschaft, „wesentlich anstrengender als Fußball ist“. Während sich Fußballer immer wieder ausruhen könnten, „ist bei Handballern erheblich größere Schnellkraft erforderlich, von den Sprints ganz zu schweigen.“ Seiner Ansicht nach hätten Fußballprofis die körperlichen Belastungen wie bei der Handball-Europameisterschaft nicht ausgehalten. Steuer: „Sie hätten schlapp gemacht.“ Bei der letzten WM bestritten Rudi Völlers Kicker an 31 Tagen übrigens lediglich sieben Spiele.

Dass nun Lemgo in der Champions League ausschied, SG Flensburg-Handewitt und SC Magdeburg aber ins Halbfinale einzogen, kommt nicht von ungefähr. Stellte der Meister sechs Spieler ab, entsandte Magdeburg mit Christian Schöne nur einen einzigen – und der kam nicht mal zum Einsatz. Bundesliga-Tabellenführer Flensburg stellte überhaupt keinen Spieler für das deutsche Team ab, dafür aber – wie Magdeburg auch – einige Ausländer für deren Nationalmannschaften. Die aber waren meist schon vorzeitig ausgeschieden.

Lemgo muss nun den Preis zahlen. Was erhebliche Probleme mit sich bringt. „Mit dem Ausscheiden aus der Champions League und dem Verpassen der DHB-Pokalfinalrunde entgehen uns rund 250 000 Euro“, beklagt Manager Holpert. Die fehlen, wenn es darum geht, sich für die nächste Saison zu verstärken. Zudem fasst die Lipperlandhalle gerade mal 3771 Zuschauer, womit Lemgo hinsichtlich der Einnahmen gegenüber vielen anderen Klubs erheblich im Nachteil ist. Dass der TBV sein Heimspiel gegen Gummersbach am 9. Mai in der 11043 Besucher fassenden Tennis-Arena von Halle/Westfalen austragen darf, ist da nur ein kleiner Trost.

Ein klein wenig spekulieren die Meister-Handballer aus Lemgo nun darauf, dass auch Magdeburg und Flensburg den Strapazen Tribut zollen werden. Während die härtesten Konkurrenten im Titelkampf noch in Champions League und Final Four beschäftigt sind, kann sich Lemgo ganz auf die Titelverteidigung konzentrieren.

Klaus Rocca

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